Pflegeeltern werden

Habt ihr einmal darüber nachgedacht ein Pflegekind aufzunehmen? Oder kennt ihr jemanden, der mit dem Gedanken spielt? Heute ist der World Foster Day und wir haben uns mit Doris unterhalten, sie ist Daniels Pflegemama. Sie erzählt uns in diesem Beitrag ihren Weg zur Pflegemama und ihrem erfüllenden Familienleben.

Was hat euch dazu motiviert Pflegeeltern zu werden?

Ich bin seit vielen Jahren Elementarpädagogin und begleite junge Kinder im Kindergartenalltag. Daher kenne ich die Erfahrung, gemeinsam zu wachsen und zu lernen und habe immer wieder auch Pflegekinder in meiner Bildungseinrichtung betreut. Zu sehen wie Kinder, die keinen so guten Start im Leben hatten, ihr volles Potenzial ausschöpfen und bei liebevollen Familien aufwachsen, hat mich motiviert diesen Schritt zu gehen.

In meinem engsten Familienkreis lebt seit 10 Jahren ein Pflegekind, dessen Weg zu uns ich von Anfang an miterleben durfte. Auch das hat mir gezeigt, wie wertvoll und wichtig es ist, dass Babys und junge Kinder vorübergehend oder langfristig einen sicheren Platz zum Leben finden.

Wie hast du dich auf das Pflegemama sein vorbereitet?

Unser erster Schritt war der unverbindliche Besuch zu einem Info-Pflegeelternbrunch der MA 11 im Arkadenhof des Rathauses. Wir erfuhren wichtige Informationen und Organisatorisches zum Thema Pflegeelternschaft, durften Fragen stellen und Erfahrungsberichten von Krisen- und Pflegeeltern lauschen.

Kurz darauf haben wir uns per E-Mail für das verpflichtende Vorbereitungsseminar angemeldet. Ich habe aus der Hauptbücherei einige Bücher gelesen und immer wieder im Internet recherchiert, was es bedeutet ein Kind mit eventuellen Traumata und sozialem Ruckack sein Zuhause zu öffnen. Ich habe unsere Ressourcen abgeschätzt, sowohl finanziell als auch räumlich und aus dem Bauch heraus das erste Kuscheltier gekauft.

Wie alt war euer Pflegekind, als es zu euch kam?

An einem Montag kontaktierte uns unsere betreuende Sozialarbeiterin. Diesen Anruf werde ich nie vergessen. „Es ist ein Bub, 2 Monate alt, trägt Kleidergröße 62 und Windelgröße 2.“ Zwei Wochen später hielten wir Daniel das erste Mal im Arm und wussten in diesem Moment, dass wir noch am selben Abend passende Pyjamas und Milchflaschen für ihn kaufen werden.

Wie fühlt sich das Pflegeltern sein an?

Es ist ein unbeschreiblich warmes und glücksverkatertes Gefühl sein Pflegekind jeden Tag sicher und geborgen zu wissen. Wie leibliche Eltern ist man unendlich stolz, wenn Meilensteine in der Entwicklung erreicht werden, der Alltag mit Freude erfüllt wird, man das erste Mal gemeinsam lacht, neue soziale Kontakte geknüpft werden und die Zeit gemeinsam genießen kann.

Ich fühle auch große Dankbarkeit für Daniel, weil er unser Leben mit Überraschungen in der (sprachlichen) Entwicklung, Entdeckungen am Spielplatz und tiefem Vertrauen uns gegenüber als Eltern bereichert.

Um Pflegemama oder Pflegepapa zu werden muss man ein Vorbereitungsseminar machen

Welche Inhalte werden da vermittelt und wie habt ihr das Seminar wahrgenommen?

Im Seminar beginnt man mit der Auseinandersetzung des eigenen Wunsches ein Kind aufzunehmen. Wir haben allgemein über Familiengeschichten und Hintergrundinformationen, aber auch über Gründe der außerfamiliären Unterbringung und die Bedeutung der Herkunftsfamilien gesprochen. Die Auskunft über rechtliche Informationen und Datenschutz, genauso wie der Ablauf einer Vermittlung gehört zu den wichtigsten Punkten im Seminar. Intensiver beschäftigt man sich anschließend in Wahlmodulen über Themen die einen interessieren z.B. Risiken und Krankheiten bei Pflegekindern, Pflege und Ernährung, Entwicklungspsychologie, ….

Die leiblichen Eltern sollen den Kontakt zum Kind aufrechterhalten

Wie ist euer Verhältnis zu den leiblichen Eltern? Wie haltet ihr Kontakt und worauf achtet ihr dabei?

Am Anfang unseres Kennenlernprozesses war es nicht ganz einfach, die Emotionen der leiblichen Eltern aufzufangen. Ein Vertrauen in uns als neue Bezugspersonen ihres Kindes musste erst langsam aufgebaut werden und wachsen. Das haben wir natürlich akzeptiert und versucht, ein gutes Gefühl zu vermitteln, dass auch wir Bestmögliches für Daniel wollen. Nun treffen wir uns eine Stunde im Monat zu einem begleiteten Besuchskontakt. Daniel darf mit allen Bezugspersonen in einem vorbereiteten geschützten Raum spielen, wir bringen oft Fotos mit, erzählen von Entwicklungsschritten und unserem Alltag.

Pflegeeltern werden von Expert*innen begleitet

Was kann man sich unter so einer Begleitung vorstellen?

Von Anfang an wurden wir von einer Sozialarbeiterin begleitet, mit der wir unsere Eignungsbeurteilung abgeschlossen haben. Alle Schulungsseminare wurden von Sozialarbeiterinnen aus dem Fachbereich oder ausgebildeten Pfegemamas/papas geleitet. Nach der Anbahnung wurden wir bezirksnäher von einem Sozialarbeiter übernommen, der unsere Treffen mit den leiblichen Eltern organisiert und professionell begleitet. Zusätzlich bin ich bei Efkö (Verein für Kinder Österreich) angestellt. Ich besuche Seminare und kann Supervisionen nutzen. Diese Anstellungsmöglichkeit ist eine tolle Unterstützung für Pflegeeltern, die sich weiterbilden möchten und eine Vernetzung zu Anderen suchen.

Pflegeeltern sind „Eltern auf Zeit“

Das heißt, leibliche Eltern haben das Recht die Rückgabe des Kindes zu beantragen. Wie geht ihr mit diesem Thema um?

Ich habe vorher nicht einschätzen können, wieviel Herzensfreude uns dieser Bub bringen wird, aber gleichzeitig auch Sorgen auftreten können, wenn man Verantwortung für jemand anderen übernimmt.

Mit dem Recht der Rückführung habe ich mich lange beschäftigt und überlegt wie es sein wird, wenn unser aufgenommenes Kind zurück zu seiner Herkunftsfamilie darf. Sollte dies der Fall sein, dann dürfen wir unglaublich traurig sein, aber auch sehr stolz auf uns, ein Teil seiner Lebensgeschichte sein zu dürfen.

Ist das Pflegeltern sein so, wie ihr euch das vorgestellt habt?

Welche Tipps habt ihr für Menschen, die Pflegeeltern werden wollen?

Die ganze im Haushalt lebende Familie muss klar für eine Aufnahme sein. Überlegt mit welchen belasteten Vorerfahrungen und eventuellen Traumata ihr umgehen könnt und habt Mut diese wunderbare Herausforderung anzunehmen.

Am Ende braucht es nur noch ein wenig Vielseitigkeit, Lebensfreude und ganz viel Liebe. Alle Kinder haben das Recht, in Verbundenheit und gegenseitiger Unterstützung aufzuwachsen.

Mehr Infos zum Thema

VR , Doris (c) Doris

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