Euer Kind wird ausgelacht?

Wir alle haben es schon erlebt, wir sind in einer Gruppe, machen etwas und plötzlich prustet jemand los: “Was hast du für komische Zehen?”, “Du tanzt so lustig!” oder “Das ist so einfach! Warum kannst du das denn nicht?”. Ausgelacht werden beschämt die meisten Menschen, egal wie alt sie sind.

Klar, am besten wären wir alle in jeder Situation mit guten Manieren gesegnet, dass so etwas gar nicht vorkommt. Doch gerade Kinder sind in ihren Reaktionen oft spontan und noch nicht so überlegt, da sind Verletzungen fast vorprogrammiert. Wie könnt ihr als Eltern reagieren?

Kinder und Situationen können sehr unterschiedlich sein

Eines vorneweg, gemeinsames Lachen stärkt die Verbundenheit und das Gemeinschaftsgefühl. Wir erzählen Witze und freuen uns, wenn die anderen sie auch lustig finden. Und wenn wir nach einem Film, wo wir Tränen gelacht haben, aufstehen, fühlt sich das Leben einfach bunter und leichter an. Lachen ist eine tolle Sache, aber hier geht es um die Schattenseite davon, das Auslachen.

Mit gutem Selbstbewusstsein ausgestattet, kann man auch über die kleinen Ungeschicklichkeiten des Alltags hinwegsehen und in das Lachen der anderen einstimmen, wenn uns zum dritten mal der Schlüssel hinunterfällt. Aber jede_r kennt Momente, in denen man verletzlicher ist, vielleicht auch Themen, bei denen wir keinen Spaß verstehen. Und manche Menschen haben vielleicht eine dünnere Haut und fühlen sich deswegen auch schneller einmal ausgelacht, als andere.

Die meisten Menschen wünschen sich, so akzeptiert zu werden, wie sie sind. Und das ist auch beim Humor so: Einen freundlichen Umgang miteinander und Rücksicht nehmen ist da immer gut und wenn man mal in ein Fettnäpfchen getreten ist, dann hilft eine ehrliche Entschuldigung.

“Was für eine Mimose!” oder “Wie humorlos!” sind nicht hilfreich, wenn jemand unseren Humor nicht teilt. Noch eines vorneweg: Es geht hier nicht um Gelotophobie, die übersteigerte Angst, beschämt oder ausgelacht zu werden. Dies abzuklären, kann hilfreich sein, da dort eine psychologische- oder psychotherapeutische Behandlung gute Erfolge erzielen kann.

Was tun, wenn euer Kind ausgelacht wird?

Wenn ihr dabei wart, dann habt ihr vermutlich schnell reagiert und seid für euer Kind eingetreten. Je nach eigenen Erfahrungen reagiert ihr wahrscheinlich unterschiedlich. Vielleicht neigt ihr eher zu einem leicht dahingesagten “Aber, das war doch gut für einen ersten Versuch”. Oder euch liegt ein strenges “Hier wird niemand ausgelacht!”. Wichtig ist, dass ihr euch klar auf die Seite eures Kindes stellt.

Wenn euer Kind euch davon erzählt, dann habt ihr schon viel richtig gemacht, denn es vertraut sich euch an. Jemandem von etwas zu erzählen, das uns unangenehm ist, ist nämlich der erste Schritt der Distanzierung: Man macht sich noch einmal verletzlich, doch diesmal bei jemandem von dem man sich Verständnis erhofft.

Lasst euch Zeit, versucht nicht zu schnell mit einer Lösung zu kommen. Oft haben Kinder viel Gespür und wissen was sie brauchen. Daher fragt nach, verwendet die Worte, die das Kind benutzt hat, damit ihr euch besser einfühlen könnt. “Was hättest du dir gewünscht?” oder “Was hätte dir in dieser Situation geholfen?” sind hilfreiche Ansätze.

Habt den Mut, euch an eigene Verletzungen zu erinnern und sie auch zu spüren, dieses Verständnis kommt emotional an. Doch versucht gleichzeitig, Freiraum zu geben: Euer Kind ist ein eigenes Wesen und kann eine ähnliche Situation ganz anders aufnehmen, verarbeiten und auch zu anderen Lösungen kommen.

Ermuntert euer Kind, neue Erfahrungen zu machen und es wieder zu versuchen. Oft ist es bei Kindern schon ausreichend, wenn sie sich aussprechen konnten und dabei eine Erfahrung von liebevollem Verständnis und Akzeptanz machten. Sie fühlen sich dadurch gestärkt, besonders wenn die Meinung der Eltern noch wichtiger ist, als all das was andere sagen. “Was brauchst du, damit du das wieder probierst?” oder “Wie sollte die Situation sein, dass du das nochmal versuchen magst?” lenken dabei. Denn gerade das Vermeiden verstärkt die Angst und ohne Übung kann man sich nicht weiterentwickeln.

Was konkret beim Weitermachen helfen kann

Diese Umstände werden immer wieder genannt, wenn es darum geht, etwas erneut zu versuchen, sei es Tanzen, ein Move mit dem Skateboard oder Rollschuhlaufen lernen:

  • Die Unterstützung von Freund_innen und wohlgesonnen Menschen: Sowohl, dass man sich von denen positive Verstärkung abholt als auch, dass man es mit ihnen gemeinsam ausprobieren kann, weil man weiß, dass sie einen mögen und nicht auslachen werden.
  • Üben, wenn man nicht gesehen wird, hilft: Klar, die meisten Dinge sind eine Übungssache, egal ob Gummitwist oder Ballspiele. Sich einen Ort zu suchen, wo man alleine üben kann, ist für die meisten Menschen eine gute Möglichkeit.
  • Sich Tipps holen: Vielleicht kennt ihr jemanden, der Tipps geben kann oder es Vorzeigen kann. Für vieles gibt es auch Videos im Internet zu finden, die einen beim Lernen einer neuen Sportart unterstützen. Ob Marmaid-Schwimmen, Klettern oder Tischtennis, für vieles gibt es Lehrer_innen oder Trainer_innen, die auch Einzelunterricht geben.
  • Videos von sich selbst machen lassen: Die helfen manchmal, zu sehen, dass man es eh gut macht. Aber auch wenn es noch Probleme gibt, machen sie manchmal den Punkt klarer, um den es geht und was genau noch mehr Übung erfordert. Kein Wunder, dass Videoanalyse zu jedemLeistungssport dazugehört.

Die Königsdisziplinen

  • Dranbleiben. Das ist ähnlich wie das Üben, manchmal auch deren Vorstufe. Sich damit beschäftigen kann aber auch in der Beobachtung von anderen liegen. Ich kann mich an eine Situation erinnern, als meine zweijährige Tochter unbedingt auf einen Baumstamm klettern wollte. Der war gebogen und sie ist immer wieder abgerutscht. Doch sie hat es einfach immer wieder versucht und sich nicht beirren lassen. Ich hatte das Gefühl, dass es sie nicht einmal stört, sondern sie es als sportliche Herausforderung nimmt, bei der sie überzeugt ist, dass es geht, ohne verbissen zu sein. Dies war persönlich mein Aha-Moment, der mir aufgezeigt hat, was wichtig sein könnte und mir dadurch viel Zugang zu Neuem ermöglicht hat.
  • Sich selbst annehmen so wie man ist. Selbstvertrauen heißt ja nicht, dass man alles immer kann. Sondern vielmehr, dass man um die eigenen Grenzen weiß und auch darum, dass man wertvoll ist, genau so wie man ist. Ein wertvoller Teil unserer Menschenfamilie, ganz egal, ob wir etwas schon können oder nicht, ob unsere Zehen eigenartig sind oder uns ein paar Zähne fehlen.
  • Über Missgeschicke lachen lernen. Das ist schon beinahe die Königsdisziplin: über sich selbst zu lachen. Aber Tatsache ist, wir alle haben irgendetwas Komisches an uns und können viele Dinge nicht.

Also, lasst euch nicht unterkriegen und bleibt euch selber treu.

BriG
Fotos (c) Brigitte Vogt (Attikafiguren, Pötzleinsdorfer Schlosspark)

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