Ein dunkler Kinosaal, schnelle Schnitte, lauter Ton und dann passiert auch noch etwas Aufregendes auf der Leinwand. Ein Kinobesuch ist wunderbar, spannend, kann aber auch Angst machen. Es muss auch nicht gleich eine Verfolgungsjagd sein, auch kleine scheinbar „banale“ Dinge können junge Zuschauer_innen aufwühlen.
Aufregung im Kinosaal
Viele angstmachende Elemente gelten auch für das Filmeschauen zuhause, dennoch muss die Kinosituation mit den Anfangs genannten Aspekten berücksichtigt werden. Zum Beispiel DER GRÜFFELO. Die meisten Kinder kennen und lieben das Kinderbuch von Axel Schaeffler und Julia Donaldson. Wir empfehlen den Film im Kino jedoch frühestens ab 5 Jahren, denn der Grüffelo ist auf der Leinwand nun mal lauter und bedrohlicher als im Buch. Was ist, wenn es die Maus dieses Mal nicht schafft, die anderen Tiere zu überlisten….?
Was bei Filmen Angst macht
Welche Szenen können im Kinderfilm Angst machen? Zum Beispiel ein Bösewicht, eine gruselige Figur. Aber auch Dinge, die im echten Leben dramatisch sein können wie ein Gewitter, Lärm, Dunkelheit. Auch wenn eine Figur alleine ist, einen wichtigen Gegenstand oder ein Elternteil verliert kann das Ängste auslösen. In EINE KLEINE WEIHNACHTSGESCHICHTE verliert Ina ihren geliebten Teddy. Natürlich kann das Weihnachtsfest nicht stattfinden bis Teddy wiedergefunden wird.
Wie Bedrohliches im Kinderfilm dargestellt werden sollte
Filme sollen keineswegs Angst machende Szenen vermeiden, gerade für jüngere Kinder geht es jedoch darum, dass bedrohliche Situationen rasch aufgelöst werden: das Kind hat sich verlaufen? Eine erwachsene Figur oder ein anderes Kind tritt auf und hilft. Eine Figur wird vom Gewitter überrascht? Es findet eine Höhle als Unterschlupf.
Wenn Filmemacher_innen diese wichtige Gestaltungsregel nicht berücksichtigen, dann passiert es schon mal, dass Filme, die von der Handlung und den Figuren her auf eine Zielgruppe ab 3/4 Jahren zugeschnitten sind, für junge ZuschauerInnen gar nicht geeignet sind. In DER KLEINE EISBÄR (nach den Büchern von Hans de Beer) wird eine bedrohliche Szene nach der anderen aneinandergereiht, auch SAMMYS ABENTEUER ist aufgrund einiger (zu) spannender Szenen erst ab 6 Jahren freigegeben.
Was stark macht
Aus etwas Bedrohlichem kann etwas Stärkendes werden, wenn die kindlichen Figuren trotz ihrer Angst und Unsicherheit einen Weg finden, diese Gefühle anzunehmen und etwas schaffen. Rico aus der wunderbaren Verfilmung von Andreas Steinhöfels Kinderkrimi RICO, OSKAR UND DIE TIEFERSCHATTEN hat eine „Bingotrommel“ im Kopf, die verhindern, dass er klar denken kann (obwohl er ziemlich viel denkt). Weil er sich sofort verläuft, beschränkt sich Ricos Leben auf ein paar Wege, in denen er bloß gerade gehen muss. Als sein Freund Oskar entführt wird, muss Rico seinen Sicherheitsbereich verlassen. Er überlegt sich Strategien, wie er zu seinem Ziel kommt und er bringt den Mut auf, etwas zu wagen. Für seinen Freund. Dass die beiden Freunde schließlich gemeinsam den Entführer aufspüren, stärkt das Gefühl von kindlicher Selbstwirksamkeit.
Etwas scheinbar Unmögliches schaffen, neue (unerwartete) Freund_innen finden, die unterstützen und Geborgenheit geben, Bösewichte überlisten oder gemeinsam für eine gute Sache kämpfen. Das sind alles Handlungsstränge, die Mut machen und ein wichtiger Ausgleich zu bedrohlichen Situationen sind. Diese gehören auch zum Film, es geht nur darum wie sie dargestellt werden, damit sie das junge Publikum am Ende gestärkt und glücklich aus dem Kino entlassen.
Über den Film reden
Auch wenn man nach dem Kino noch etwas unternimmt, z. B. ein Eis essen geht, das Filmerlebnis ist für die Kinder bestimmt nicht vergessen. Man kann zum Beispiel in einem ruhigen Moment am Abend nochmal Gedanken und Gefühle ansprechen und offene Fragen der Kinder beantworten. Vielleicht kommt noch Tage später eine (überraschende) Reaktion. Wichtig ist, die Gefühle der Kinder ernst zu nehmen und aufmerksam zu sein. Dann steht einem neuerlichen Kinobesuch nichts im Weg. Mehr Filmtipps findet ihr im Blog unter dem Schlagwort: Film.
Ein Gastbeitrag von Clara Huber, Germanistin und Filmvermittlerin im WIENXTRA-Cinemagic. Sie liebt das Kino, Filme und überhaupt jede Art von Geschichte(n). Als zweifache Mama spielen Filme und Bücher für Kinder und Jugendliche nicht nur beruflich, sondern auch privat eine große Rolle. Geheime Leidenschaften: Zeitung lesen und Biografische Einträge auf Wikipedia lesen.
1 comments on “Angst und Mut: Mit (kleinen) Kindern Filme schauen”