Ein Kind aufnehmen

Heute ist der Weltadoptionstag. In meinem Bekanntenkreis gibt es einige Familien, die ein Pflege- oder Adoptivkind haben. Ein Kind aufnehmen, das ist keine leichte Sache, aber ich vermute, dass es eine Familienform ist, die häufiger vorkommt, als man denkt. Man sieht es den Familien ja nicht immer an. Spannend fand ich, dass die Pflegekinder in meinem Umfeld, dabei alle in der Pflegefamilie erwachsen wurden, ja manchmal auch mit der Volljährigkeit die Adoption für sich in Anspruch genommen haben. Das scheint die Regel zu sein, Frau Marion Zeillinger vom Verein Eltern für Kinder Österreich schätzt, dass dies bei ca. 95% aller Pflegekinder so ist.

Ich durfte als Praktikantin eine Adoption und in einem anderem beruflichem Kontext die Platzsuche für ein Pflegekind begleiten. Die sensible Begleitung über Jahre hinweg und die Freude der annehmenden Familien, das Zusammenwachsen hat mich sehr berührt. Klar, da gibt es gerade bei Pflegekindern Unsicherheiten, aber spannend fand ich, dass das irgendwann einfach in den Hintergrund rückt.

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Da der Bedarf in Wien so hoch ist habe ich bei Eltern für Kinder nachgefragt, wie aktuell eine Adoption oder Pflegschaft abläuft und was es zu bedenken gibt. Hier die Antworten von Marion Zeillinger von Eltern für Kinder Österreich.

Die Entscheidung treffen

Ein Kind durchs Leben zu begleiten ist eine der größten Aufgaben im Leben. Menschen, die ein Kind annehmen, sei es als Adoptiv- oder Pflegekind, gehen noch ein paar Schritte weiter: Annehmende Eltern nehmen Kinder auf, deren Lebensbeginn von Herausforderungen geprägt war. Annehmende Eltern akzeptieren die leiblichen Eltern des Kindes als die Menschen, die dem Kind sein Leben geschenkt haben, auch wenn sie danach vielleicht nicht mehr viel für das Kind tun konnten.  Annehmende Eltern sind dankbar, dass sie nun dieses Kind durchs Leben begleiten können. Doch dies müssen sie nicht alleine tun, es gibt Begleitung bei Eltern für Kinder Österreich.

Wie kann ich Pflegeeltern werden?

Unabhängig von der Lebensform – ob Alleinerziehend, Hetero- oder Homosexuelles Paar – kann man in Wien Pflegeeltern werden. Das Alter der zukünftigen Pflegeeltern ist ähnlich wie bei Adoption. Für Menschen, die in Wien leben und ein Kind in Pflege nehmen möchten oder sich darüber näher informieren möchten, steht als erster Schritt ein unverbindlicher Online-Info-Abend zur Verfügung. Termine dazu findet ihr hier: wien.gv.at/menschen/kind-familie/pflegefamilie/index.html

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Angehende Pflegeeltern wenden sich dann an die MA11, das Referat für Adoptiv- und Pflegekinder im 9. Bezirk (Schlagergasse 8/ Tel 01/4000/90770) und bekommen dort ausführliche Beratung. Als nächste Schritte folgen der Vorbereitungskurs (10 Abende und 3 Tage, gratis) und die amtliche Eignungsüberprüfung.

Bei der Eignungsprüfung werden die persönlichen, sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Bedingungen angeschaut und zwar von allen im Haushalt lebenden Familienmitgliedern. Diese Überprüfung dauert 3 bis 6 Monate. Wenn die Eignungsprüfung positiv abgeschlossen wurde, werdet ihr auf die Warteliste aufgenommen. Wie auch bei der Adoption werden nämlich für jedes Kind die geeignetsten Pflegeeltern ausgesucht.

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Doch auch nachdem man ein Kind aufgenommen hat, ist man nicht auf sich allein gestellt. Die Expert*innen der MA11 stehen weiterhin zur Verfügung und bieten:

  • Beratung und Begleitung
  • Kostenlose Weiterbildungsangebote und Familientreffen
  • Psychologische Beratung in Erziehungsfragen, Möglichkeit des Pflegeelterncoachings
  • Professionelle Unterstützung im Umgang mit den leiblichen Angehörigen und bei auftretenden Problemen

Außerdem: Pflegeeltern sind angestellt, die den sozialpädagogischen Mehraufwand decken sollt.

Wie schaut es mit Altersgrenzen aus, um ein Kind aufzunehmen?

Es gibt im Gesetz ein Mindestalter, nämlich 25 Jahre. Die obere Altersgrenze für Adoptivwerber*innen richtet sich nach den Bedürfnissen der Kinder. Bei Aufnahme eines Babys – dies ist bei Inlandsadoption der Fall – sollten die Adoptiveltern maximal 45 Jahre sein. In der internationalen Adoption sind die Kinder, die Eltern suchen, einige Jahre alt- dadurch können auch die Adoptiveltern etwas älter sein.

Kann man auch adoptieren wenn man Alleinerziehend ist?

Menschen, die als angehende Alleinerzieher*innen ein Kind aufnehmen möchten, steht der Weg der internationalen Adoption oder der Pflegeelternschaft offen. Die Stadt Wien ist aktiv auf der Suche nach Pflegeeltern und freut sich auch über die Bewerbung alleinerziehender Menschen. Im Gegensatz dazu ist die Chance auf Aufnahme eines Kindes durch Inlandsadoption derart gering, dass eine Bewerbung nicht empfohlen werden kann.

Wie kommt man in Wien zu einer Adoption?

Für Menschen, die in Wien leben und ein Kind adoptieren möchten, ist der erste Schritt der Vorbereitungskurs beim Verein Eltern für Kinder Österreich. Danach folgt die behördliche Eignungsüberprüfung und bestenfalls die Aufnahme in die Wartegruppe. Weil für jedes zur Adoption freigegebene  Kind jeweils die bestmöglichen Adoptiveltern ausgesucht werden, kann die Wartezeit nicht vorausgesagt werden.

Bedarf an Pflegeeltern, Adoptiveltern, Notfalleltern…?

In Wien werden ganz besonders Pflegeeltern sehr gebraucht. Einerseits Krisenpflegeeltern, die bereit sind bereit, Kinder kurzfristig und für begrenzte Zeit (8 Wochen) bei sich aufzunehmen. „Krisenpflegeeltern-Sein“ ist eine berufliche Tätigkeit mit einer Anstellung bei „Eltern für Kinder Österreich“ und enger Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendhilfe.

Andererseits werden auch Pflegeeltern gebraucht für Kinder, deren Eltern auf längere Zeit nicht für sie sorgen können. Geschätzt ca. 95% aller Pflegekinder werden in der Pflegefamilie erwachsen. 2023 haben in Wien 92 Kinder in einer Pflegefamilie ein neues Zuhause gefunden und 15 Kinder wurden adoptiert. Und insgesamt lebten 1.548 Kinder in Wien bei ihren Pflegefamilien und 2.018 in einer Wohngemeinschaft.

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In der Inlandsadoption gibt es mehr Menschen, die ein Kind aufnehmen wollen als Kinder, die zur Adoption freigegeben werden. Wer eine Inlandsadoption anstrebt, braucht also viel Geduld.

In der internationalen Adoption ist weltweit ein starker Rückgang der Adoptionszahlen zu verzeichnen. Trotzdem gibt es in manchen Ländern weiterhin einen Bedarf an internationaler Adoption, weil im eigenen Land nicht genug Adoptiv- oder Pflegeeltern gefunden werden. Bei internationaler Adoption ist sehr wichtig, auf die Einhaltung des „Haager Adoptionsabkommens“ zu achten, das die Rechte und das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt rückt und das Ziel hat, Kinderhandel zu verunmöglichen.

(cc) Helga Kattinger, Pixabay

Eltern für Kinder Österreich begleitet Adoptionen aus Südafrika, ein Land, in dem ein Bedarf an Adoptiveltern besteht, ähnlich wie bei Pflegeeltern in Wien.

Welche Unterstützung gibt es für annehmende Eltern?

Weitere Infos findet ihr hier:

Gastbeitrag von Marion Zeillinger von Eltern für Kinder Österreich
Fotos (cc) Pixabay

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