Freizeittipps zu geben, das ist in der Kinderinfo unser daily Business. Aber was verstehen wir eigentlich unter Familien!?
Ja, wir erwähnen hier im Kinderinfo-Blog und auch bei WIENXTRA oft den Familienbegriff. Aber welche Bilder von Familie haben wir Mitarbeiter_innen dabei im Kopf? Zeit wird´s, dass wir uns einmal ganz klar deklarieren, was wir mit „Familien“ meinen.
Eine kurze Zeitreise zum Familienbegriff
Familienmodelle haben sich immer gewandelt. So bezeichnete z. B. die römische „familia“ den gesamten Hausstand. Dazu gehörten auch Sklaven, Schutzbefohlenen und Vieh. Im Mittelalter war es dann die Sippe, die sich über Blutsverwandtschaft definierte. Die veränderte sich weiter zur bürgerlichen Kernfamilie. Bis heute haben wir dieses Bild der Kernfamilien in unseren Köpfen. Diese klassische Kleinfamilie definierte sich aus zwei Generationen. Eben aus Eltern mit einem oder mehreren Kindern.
Definition oder Realität?
Ich habe als Kind gelitten unter dem Bild der Kernfamilie. Unter diesem gesellschaftlichen Bild, das Familie als Vater, Mutter, Kind/er-Gemeinschaft definiert. Rechtsystem, Schulsystem, das gesamte Umfeld bezogen sich auf diese sogenannte „Kernfamilie“. Meine Mutter aber war geschieden und alleinerziehend.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Abwesenheit eines Vaters für mich ganz gut verdaulich war. Es gab männliche Bezugspersonen, die den väterlichen Anteil an meiner Erziehung mehr oder weniger übernommen haben. Vielleicht genau so gut wie die zwar vorhandenen, aber trotzdem abwesenden Väter meiner Freund_innen.
Kindheit in den 60-er Jahren
Gelitten habe ich, weil wir Kinder einer „Geschiedenen“ waren. Der Vatertag, Wochenendausflüge nur mit Mama und ohne Auto im Vergleich zu meinen Freund_innen, Stereotype in der Werbung waren für mich immer mit dem Gefühl verbunden, dass bei uns etwas nicht stimmt. Und dass bei uns etwas fehlt, ohne wirklich einen Vater zu vermissen. Ja, ich behaupte: In den 60-er Jahren erlebten Kinder geschiedener Eltern eine soziale Stigmatisierung.
Kindheit in den 80-er Jahren
Die Realität meiner Kinder in den 80-er Jahren schaute schon ein bisschen anders aus. Obwohl auch ihre Mutter geschieden war. Wir haben weder Mutter– noch Vatertag gefeiert und Wochenendausflüge gab es mit vielen getrennten oder geschiedenen Freund_innen und deren Kindern. Und trotzdem blieb Stigmatisierung. Ich schaute mir die Schulbücher meiner Kinder oft an: Noch immer war da Vater, Mutter, Kind vorherrschend, obwohl das schon etwas aus der Zeit gefallen war!
Und was ist heute Familie?
Lebenslagen und Lebensmodelle individualisieren sich und werden damit vielfältiger. Aber nimmt die Darstellung von Familie darauf Bezug? Spiegeln sich diese neuen Familienmodelle in der Werbung, in Schulbüchern, in rechtlichen Belangen, oder auch in Haltungen? Leider nicht ausreichend.
Wir finden, deswegen sollte heute der Begriff „Familie“ alle Eltern-Kind-Gemeinschaften gleichberechtigt umfassen. Weil die Erscheinungsformen vielfältiger geworden sind und kein Kind darunter leiden soll.
Wie ist unsere gesellschaftliche Realität?
Wir leben als Einelternfamilien, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, polyamor, in sozialer Elternschaft mit Kindern, in Co-Elternschaft für Kinder, in Wahlfamilien…
Verbundenheit, Liebe und Fürsorge
Deshalb gibt es heute für mich sehr passende Gedanken zu Familie, wie z. B.: In Familien wird Nähe und Verbundenheit erlebt, die Erwachsenen tragen Verantwortung und Sorge füreinander, besonders für Kinder.
Oder wissenschaftlicher formuliert: Familien sind offene, sich entwickelnde, zielorientierte und sich selbst regulierende soziale Systeme, deren Entwicklung im Kontext historisch gewachsener materieller und sozialer Gelegenheitsstrukturen stattfindet.
Fragt man Menschen danach, was für sie Familie bedeutet, geht es um Verantwortung, um Liebe, Vertrauen, Unterstützung und Geborgenheit. Diese Formulierungen würden viele Formen des Zusammenlebens als Familie umfassen. Geben wir uns also einen Ruck und verzichten wir wenigstens gedanklich auf das Klischee und hoffen drauf dass alle (familien-) relevanten Systeme wie Recht, Schule, Öffentlichkeit… dann nachziehen!
Gastbeitrag von Sabine Krones, Leitung WIENXTRA-Kinderin
Fotos (v) Brigitte Vogt, Verlage: arsEdition, Fischer Sauerländer Verlag, TRICYCLE PRESS, Tyrolia Verlag, MABUSE-VERLAG, MAG ELF, VERLAG ATLANTIS THEMA, VERLAGSGRUPPE OEINGER im ellermann Verlag, WEISSTUB
Alle abgebildeten Bücher wurden hier im Kinderinfo-Blog beschreiben. Buchbeschreibungen findet ihr unter blog.kinderinfowien.at/tag/buecher bzw. unter dem Schlagwort Bücher.
18 comments on “Familienfreizeit – Familien!?”