Third Culture Kids – Drittkulturkinder

Eine Gruppe von Kindern aus unterschiedlichen Ländern fährt im Bus und ein Bub fragt einen anderen nach seiner Nationalität: “Was bist du?” Seine Antwort: “Mensch.”

Mit welchen Herausforderungen sind Drittkulturkinder konfrontiert? Welche Wünsche haben sie? Erst vor kurzem habe ich den Begriff Third Culture Kid (TCK) bei dem Vortrag „Third Culture Kids in Österreich – Was unsere Eltern wissen sollten“ gehört. Als Drittkulturkinder werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, die in einer anderen Kultur aufwachsen als ihre Eltern, mehrmals in andere Kulturkreise umgezogen sind oder adoptiert wurden. Da habe ich erkannt, dass mir einige Aspekte dieser Lebensrealität sehr bekannt vorkommen. Ich selbst bin als kleines Kind in einem anderen Land aufgewachsen. In diesem Beitrag möchte ich darauf eingehen, mit welchen Themen sich Kinder oder Jugendliche oft auseinandersetzen (müssen).

Wo kommst du eigentlich her?

Diese Frage kann oft der Beginn eines interessanten Gespräches sein oder aber auch als nervig empfunden werden, da Drittkulturkinder die Frage oft gestellt bekommen. Vor allem wenn sie anders aussehen als die “Mehrheitsgesellschaft”. Die Antwort auf diese Frage ist oft sehr schwierig und kann für Kinder belastend sein. Warum? Nennt man sein Ursprungsland, wird man oft als nicht dankbar für das „neue Leben“ bezeichnet. Wenn man das jetzige Land nennt, bedeutet es, dass man seine Wurzeln verleugnet. Die Erkenntnis: Man kann es nicht jedem Recht machen. Hier hilft es sich als Elternteil mit den Kindern lustige Stehsätze zu überlegen, wie z.B. : “Vom Planeten Erde”. 😉

Drittkulturkinder können das Gefühl haben in einer Welt zwischen mehreren Kulturen zu leben. Es wird oft – aber nicht bei allen – zwischen Sprachen gewechselt. Je nachdem in welchen Situationen oder Lebenslagen sich die Kinder befinden, passen sie ihr Verhalten auch an. So bereichernd das auch ist, es kann genauso fordernd sein. Deshalb ist es wichtig Kindern gerade im Identitätsentwicklungsprozess mit viel Einfühlungsvermögen zu begegnen und sie zu begleiten.

In einigen Ländern ist z.B. mehr Nähe und physischer Kontakt beim Sprechen weit verbreitet, wie das temperamentvolle „Klopfen“ auf die Schulter oder den Arm um Aussagen zu unterstreichen. Kinder stellen dann fest, dass das in Österreich nicht gerade zu den Umgangsformen zählt (Ausnahmen gibt es immer, jede_r hat auch seine individuelle Persönlichkeit!). In solchen Situationen lernt das Kind flexibel und anpassungsfähig zu reagieren.

Zu ähnlich und zu anders – was nun?

Drittkulturkinder werden oft als zu ähnlich oder zu anders bezeichnet. Dies fordert einen stetigen inneren Balanceakt. Von Eltern können Aussagen kommen, „du bist zu Europäisch geworden“ – das ist belastend. Es kann das Gefühl aufkommen, dass man aufgrund dieses Zwiespalts nirgends wirklich dazu gehört. Dabei kann es passieren das einige kulturelle Aspekte nicht ausgelebt werden, aus Angst davor diskriminiert zu werden. Hinzu kommt, dass einige kulturelle Merkmale oft zugleich mit Scham und Stolz wahrgenommen werden. Zum Beispiel die von den Eltern hergerichtete Jause – die anders ist als die der Mitschüler_innen – kann zu bestimmten Zeiten während des Heranwachsens als peinlich gesehen werden. Hier ist es unabdingbar, Verständnis für die Situation der eigenen Kinder aufzubringen. Sie sind dabei eine Mischung aus zwei oder mehreren Kulturkreisen zu entwickeln.

Wie können Eltern TCK unterstützen

  • „Safe Spaces“ schaffen: Austausch in Begegnungsräumen mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen machen
  • Weitergabe von Wissen über die Ursprungskultur der Eltern: irgendwann kommt meistens der Wunsch nach sprachlichem, kulturellem Wissen hoch
  • Bewusstwerdung darüber, dass Kinder vor Herausforderungen stehen, die sie alleine meistern müssen, indem Lebensrealitäten getrennt werden (z.B. eine Kultur wird nur zuhause gelebt, andere außerhalb)
  • Thematisieren von Rassismus: Es ist ganz wichtig Kinder über Rassismus aufzuklären! Oft wird das Thema aus Schutz nicht angesprochen, aber es kann passieren, dass Erfahrungen gemacht werden. Darauf sollte das Kind vorbereitet sein, um es nicht persönlich zu nehmen.
  • Verständnis aufbringen: TCKs jonglieren zwischen verschiedenen Kulturen und gestalten daraus ihre eigene Kombination. Ganz wichtig für Eltern ist es das anzunehmen! Für einige Kinder mag dieser Spagat schwierig sein, hier ist viel Einfühlungsvermögen und Verständnis gefragt. Vor allem auch die Offenheit für ein Leben fern von bisher in der Familie gelebten kulturellen Normen.

Persönlich würde ich diese interkulturelle Lebenserfahrung niemals missen wollen. Es ist eine unglaublich bereichernde Erfahrung, die aber vor allem im Kindes- und Jugendalter nicht unterschätzt werden sollte, da sie auch mit Herausforderungen und Belastungen einhergehen kann. Wichtig ist auch, dass wir das uns verbindende in den Vordergrund rücken und das ist die Tatsache, dass wir alle eine menschliche Erfahrung machen.

Wenn ihr mehr über das Thema Interkulturalität erfahren wollt, dann findet ihr beim Verein Fibel immer wieder Vorträge dazu. Dieser Vortrag wurde von Parissima Taheri-Maynard beim Verein Fibel gehalten und ist ein Plädoyer für eine Identitätsgestaltung abseits starrer kultureller Normen. Weitere Beiträge zum Thema Mehrsprachig erziehen könnt ihr hier lesen.

Daniela Saceric

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