Am Land aufzuwachsen brachte es mit sich, dass ich schon in jungen Jahren mit dem Unfalltod von Mitschüler_innen und Freund_innen konfrontiert wurde. Gerade als Jugendliche, wo oft ein Gefühl der Unverletzbarkeit bei uns vorherrschte, war der Tod von Gleichaltrigen eine harte Konfrontation mit der Wirklichkeit. Aber wie kann man Jugendlichen helfen, wenn ein nahestehender Mensch verstorben ist? Antworten darauf gibt uns dieser Gastbeitrag von Dagmar Bojdunyk-Rack, GF von rainbows.at, die auch Trauergruppen für Kinder und Jugendliche anbieten.
Mit den körperlichen Veränderungen der Pubertät, die individuell sehr unterschiedlich verläuft, werden Kinder zu Jugendlichen. Im Hinblick auf den Tod haben Jugendliche die gleichen Vorstellungen wie Erwachsene. Sie erleben häufig sehr starke Gefühle und sind oftmals mit der Situation sehr allein, wenn ein nahestehender Mensch verstirbt. In ihrem Alltag ist in der Regel wenig Platz fürs Abschiednehmen. Sie verschieben ihre Trauer manchmal, weil sie in diesem Moment schlichtweg überfordert sind.
Was Jugendlichen helfen kann, wenn ein nahestehender Mensch verstorben ist:
- Kontakt mit den Freund_innen.
- Die Jugendlichen bei der Planung und Durchführung der Trauerfeier bzw. des Begräbnisses einbeziehen.
- Verständnis für unkonventionelle Formen des Trauerns aufbringen (Rückzug, laute Musik, „schrille Trauerkleidung“ u.a.).
- Darauf achten, dass der/die Jugendliche nicht die Rolle des Verstorbenen übernimmt.
- Rückkehr in den Alltag ermöglichen.
Empfehlungen für Eltern, deren jugendliche Kinder den Tod eines nahestehenden Menschen bewältigen müssen:
- Ein Todesfall löst viele unterschiedliche Gefühle aus. Manchmal ist es ein Auf- und Ab wie auf einer Achterbahn: Wut, Angst, Verzweiflung und Schuld wechseln mit Dankbarkeit und Liebe. Alle Gefühle sind normal und erlaubt. Trauer hat viele Gesichter, und es gibt kein richtig oder falsch. Manchen hilft es, wenn sie darüber sprechen können, manche würden am liebsten auf irgendetwas einschlagen, Sport machen, rennen, laute Musik hören oder einfach nur weinen.
- Tränen sind immer ein Zeichen, dass Gefühle so stark sind, dass sie „irgendwo hinmüssen“. Weinen kann sehr befreiend sein, aber niemand darf von einer/einem Jugendlichen verlangen, dass sie/er weinen muss.
- Jeder entscheidet selbst, wann der richtige Zeitpunkt zum Reden, Weinen, Schreien oder Schweigen ist. Auch wenn Zeit zum Alleinsein gebraucht wird, darf und soll der Jugendliche sich diese nehmen.
- Trauer ist oft wie eine schwere dunkle Decke, die über einem liegt. Trauer soll aber nicht das ganze Leben durchdringen. Es muss noch Platz für anderes sein. Deshalb: Es ist gut, wenn Ihr Kind weiter mit seinen Freund*innen ausgeht, seine Lieblingsmusik hört, Sport betreibt oder eben einfach Dinge macht, die ihm guttun.
- Ihr Kind hat das Recht zu lachen und fröhlich zu sein. Dabei ist es egal, was die anderen denken. Lachen ist wichtig. Nur weil das Kind lacht, heißt das nicht, dass es nicht um den geliebten Menschen trauert.
- Jeder Mensch, der gestorben ist, lebt durch die Erinnerungen an ihn weiter. Darum ist es wichtig, dass diese Erinnerungen an die gemeinsamen schönen Momente bewahrt werden. Vielleicht hat Ihr Kind ein persönliches Erinnerungssymbol, ein gemeinsames Foto oder eine Playlist mit Lieblingsliedern, die es mit der/dem Verstorbenen verbindet. Auch Trauerrituale – wie das Anzünden einer Kerze, das Schreiben eines Briefes, ein Trauertagebuch oder Besuche auf dem Friedhof – können dabei helfen, nach und nach mit dem Verlust klarzukommen.
Es gibt kein allgemein gültiges Rezept, wie man mit Trauer am besten umgeht. Nur eines: Jede*r Jugendliche entscheidet selbst, was ihr/ihm gut tut!
Weitere Beiträge zum Thema Tod und Trauern
- RAINBOWS bietet für Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren spezielle YOUTH-Gruppen in allen Bundesländern an, mehr dazu auf der Jugendseite rainbows-youth.at.
- Überlegungen zum eigenen Umgang mit Sterben und Tod, zu Kind und Begräbnis oder die besonderen Herausforderungen für Kinder in unterschiedlichem Alter findet ihr auf dieser Seite: blog.kinderinfowien.at/sterben-tod-und-trauerbewaeltigung
- Auch Bilderbücher zum Thema Tod, einen Ausflug zum Zentralfriedhof und zum Friedhof Sankt Marx oder einen Fahrradausflug zum Friedhof der Namenlosen stellen wir dort vor.
Gastbeitrag von Dagmar Bojdunyk-Rack, GF rainbows.at – Begleitung und Unterstützung für Kinder und Jugendliche nach einer Trennung/Scheidung der Eltern oder dem Tod nahestehender Menschen.
Fotos (c) Bluntautal im Herbst, Brigitte Vogt