Internationaler Tag gegen Rassismus

Heute am 21.3. wird nicht nur der Welt-Down-Syndrom-Tag sondern auch der Internationale Tag gegen Rassismus gefeiert. Das sind beides keine einfachen Themen und dennoch halten wir es für wichtig, sich damit auseinanderzusetzten. Benachteiligung, Ausgrenzung, Microaggressionen und Unsichtbarkeit sind da Thema, dabei sollte es um Anerkennung, Wertschätzung und die Bereitschaft, zuzuhören gehen. Rassismus tut weh, und auch der Vorwurf, rassistisch sozialisiert zu sein ist für die meisten Menschen schmerzhaft. Trotzdem finden wir Kinderinfo-Mitarbeiter_innen es wichtig, uns damit auseinanderzusetzten. Dabei gibt es unterschiedliche Zugänge. Hier stellen wir euch Bücher vor, die für uns hilfreich waren.

Bücher zu Rassismus

Exit Racism. Tupoka Ogette, Unrast Verlag

Ziemlich genau mit Pandemiebeginn habe ich das Buch „Exit Racism“ von Tupoka Ogette gelesen oder besser gesagt gehört, da ich zu diesem Zeitpunkt eine App für Hörbücher ausprobiert habe. Mit ihrem Buch gibt die Autorin eine Art Crashkurs über rassismuskritisches Denken. Sie berichtet über eigene Erfahrungen, gibt einen Einblick in die Geschichte und erklärt verständlich wie rassistische und stereotype Denkmuster funktionieren. Konkrete Handlungsvorschläge und Tipps, wie wir im Alltag auf Situationen reagieren können und wie wir an einer rassismuskritischen Perspektive arbeiten können, runden das Buch ab.

Exit Racism. Unrast Verlag

Ich habe gelernt, was Mikroaggressionen im Alltag sind und warum sie für BIPOC so schlimm sind, aber auch, wie tief Rassismus verwurzelt ist und was es mit dem Begriff „Happyland“ auf sich hat. Das Buch ist verständlich und auf Augenhöhe geschrieben und liest sich meiner Meinung nach sehr schnell. Ich würde es allen empfehlen, die sich mit (Anti-)Rassismus auseinandersetzen wollen, aber besonders Personen die sich zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigen.

War das jetzt rassistisch? 22 Antirassismus-Tipps für den Alltag. Black Voices. Leykam Verlag

In diesem Buch wird anhand von konkreten Beispielen auf verschiedene Fassetten von Alltagsrassismus eingegangen. Das Buch ist in flüssiger, manchmal salopper Sprache geschrieben, einfach zu lesen, humorvoll und unterhaltsam. Dabei sind die Themen gar nicht einfach und verlangen Einiges von den Leser_innen. Das ist den unterschiedlichen Autor_innen auch bewusst und sie gehen darauf ein. Die Kapitel sind kurz, aber konkret mit Beispielen untermauert.

War das jetzt rassistisch? Leykam Verlag

Was ich ein bisschen vermisse sind die Literaturangaben von Büchern. Super find ich aber, die Kapitelbezeichnungen, da die wirklich klar aufzeigen um was es geht und mit tollen Bildern eingeführt werden. Und besonders gut gefallen haben mir die vertiefenden Fragen: Wo aufgrund von Beispielen angeregt wird, nachzudenken. Ich denke, dass ist ein Buch, das sich gut als zum Einstieg und auch für Jugendliche eignet und mit den Tipps einem auch etwas für den Alltag mitgibt.

Ein rassismuskritisches Alphabet. Tupoka Ogette, cbj-Verlag

In meinem Studium und in meinen früheren Jobs habe ich mich mit dem Thema „Critical Whiteness“ auf wissenschaftlicher und auf sozialkritischer Ebene befasst. Ich habe also viel gelesen, aber auch mit Menschen, die davon betroffen sind, gearbeitet. Und da fängt es schon an: „Betroffenheit“- der Begriff, in dem für mich viele Konflikte stecken, denn ich trage dazu bei, dass es „Betroffene“ gibt. Das rassismuskritische Alphabet von Tupoka Ogette habe ich mir zugelegt, weil ich mich selbst wieder herausfordern, erinnern und dazulernen möchte. Dazu finde ich dieses Buch besonders gut geeignet:

Ein rassismuskritisches Alphabet cbj-Verlag (c) PF

Hier wird jedem Buchstaben ein Begriff gewidmet, der mit dem Thema Rassismus zusammenhängt. So werden Begriffe wie „Othering“, „Yellowfacing“ oder „Race Based Traumatic Stress“ erklärt. Was mir besonders gut gefällt ist, dass neben dem Wort nicht einfach nur eine Begriffsdefinition steht.

Die Autorin stellt Beispielhaft Situationen dar, in die sich die Leser_innen gut hineinversetzen können. Sie fordert auf, aktiv zu werden und die eigenen Gedanken und Annahmen zu hinterfragen – und dafür gibt es auch immer wieder Platz, wo die Leser_innen ihre eigenen Gedanken in Worte fassen können. Tupoka Ogette stellt aber nicht nur Fragen, sie gibt auch gleich Tipps für Bücher, Videos und Podcasts.

Bücher, wenn ihr euch mit Rassismus und critical whiteness auseinandersetzten wollt

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten. Alice Hasters, Hanser Literaturverlage

Ich habe dieses Buch in der Bücherei entdeckt und es sehr schnell gelesen, einerseits weil es sprachlich flüssig und angenehm zu lesen ist, andererseits weil Hasters es versteht, schwierige Sachen gut in die persönliche Lebensgeschichte einzuweben und sie mir dadurch einen Zugang ermöglicht hat, der sehr hilfreich war. Alice Hasters ist in Köln aufgewachsen ist und hat ein Gastschuljahr in Amerika verbracht.

Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten. Hanser Literaturverlage

Besonders deutlich wurde mir bewusst, wie tief wir alle, ich eingeschlossen, von Rassifizierung bestimmt sind und welche Schwierigkeit besteht, über Rassismus zu reden. Es dring in unser aller Leben ein, bestimmt es, ganz oft ohne explizit geworden zu sein. Dabei sind es oft auch die vermeintlich keinen Dinge, die dabei an die Unterteilung der Welt andocken und Hierarchien reproduzieren, über die wir schon längst hinweg sein wollten.

Plantation Memories. Episodes of Everyday Racism. Grada Kilomba, Unrast Verlag

Dieses Buch ist aus einem Seminarbeitrag auf der Uni entstanden und ich habe es im Laufe meines Gender Studiums kennengelernt. Derzeit ist es nur auf Englisch zu erhalten. Ich finde, es ist ein Buch, das nicht ganz so einfach zu lesen ist, weil es für einen akademischen Kontext gedacht war. Aber mir hat es nicht nur inhaltlich sondern auch sprachlich sehr gut gefallen, fand es teilweise poetisch und wirklich stark. Dabei geht es im ersten Teil um Alltagserfahrungen von Schwarzen Frauen in Deutschland, die von Kilomba persönlich interviewt und zitiert wurden. Bei diesen Kurzgeschichten geht sie den rassistischen Vorgängen anhand von psychoanalytischem Denken auf den Grund und stellt es mit Postkolonialem Denken in Verbildung.

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Doch dabei bleibt Kilomba nicht stehen, sondern versucht in den Kapiteln “Healing and Transformation” und “Decolonizing the Self” einen Weg zu Heilung und Dekolonisierung aufzuzeigen. Gerda Kilomba ist Autorin, Psychologin, Theoretikerin und interdisziplinäre Künstlerin, aus Lissabon mit westafrikanischen Wurzeln, die an verschiedenen Universitäten tätig war, unter anderem in Berlin.

Das weiße Denken. Lilian Thuram, Edition Nautilus

Für alle, die sich intensiv mit dem Thema Rassismus auseinandersetzten wollen, ist das ein wirklich gutes Buch. Wie ist weißes Denken entstanden, wohin hat es geführt und was können wir ändern? Dabei geht Thuram von der Geschichte aus, beginnend bei einer gefälschten Antike über die Entdeckung Amerikas, den Sklavenhandel, bis zu Rassenlehre und Kolonialisierung, die er als nicht abgeschlossen betrachtet. Dann setzt er sich mit weiß sein und systematischem Rassismus auseinander, wobei er auch auf Anti-weißen Rassismus und Ethnische Statistiken eingeht. Im abschließenden Kapitel “Menschlich werden” stellt er den Suizid von race und die Gemeinschaft in den Mittelpunkt.

Das weiße Denken. Lilian Thuram, Edition Nautilus

Obwohl sich Thuram auf viel Literatur bezieht, ist dies ein Buch, das sich leicht lesen lässt, das fesselt und Wissen auf eine Art vermittelt, die nicht trocken ist, sondern immer in ihrer Auswirkung auf Menschen dargestellt und damit lebendig erfahrbar wird. Gesetzte, Regelungen, Wirtschaftsübereinkommen sind nicht abstrakt sondern werden von Menschen gemacht und dabei geht es leider oft darum, die eigene Macht zu sichern und finanzielle Zugewinne zu machen. Dabei werden aber auch Gegenstimmen aus der Geschichte angeführt, die es oft gegeben hat, die allerdings nicht genug Gehör gefunden haben. Thuram stellt auch immer wieder Vergleiche mit der Frauenbewegung her, mit feministischen Forderungen und Errungenschaften, was ich nicht nur spannend sondern auch klug und hilfreich fand. Von seinen reichhaltigen Anmerkungen habe ich weitere Buchtipps mitgenommen und viel über Rassismus und nebenbei auch über Frankreich gelernt. Lilian Thuram ist mit neun Jahren von Guadeloupe nach Frankreich gezogen und war Profi-Fußballer bevor er sich der Arbeit gegen Rassismus und soziale Ungleichheit widmete.

Thomas Chatterton Williams – Selbstporträt in Schwarz und Weiß. Unlearning Race

Ich wurde von einem Freund auf dieses Buch aufmerksam gemacht und habe es mir dann noch am selben Tag in der Bücherei ausgeborgt. Es war nicht mein erstes Buch zum Thema, aber es hat mir einen neuen Blickwinkel beschert, den ich noch nicht ganz erfasst habe. Thomas Chatterton Williams ist der Sohn eines Schwarzen Vaters und einer weißen Mutter, die den Süden hinter sich gelassen haben und fernab aller Familienbande oder Communities sich ein gutes Leben aufgebaut haben.

Die Überzeugung, dass ein einziger Tropfen Schwarzen Blutes einen Menschen Schwarz macht, habe ich in diesem Buch das erste Mal gehört, und auch, dass sich die Gesetze daran orientierten. Doch dann heiratet er eine Französin und bekommt mit ihr eine weiße Tochter. Dies erschüttert sein Weltbild und erfordert von ihm eine Auseinandersetzung mit race, die in diesem Buch festgehalten wird. Wer ist Schwarz? Wer weiß? Wovon hängt es ab? Wer bestimmt es?

“Es ist jedoch nicht so, dass er nun glaubte, nicht mehr schwarz zu sein oder dass seine Kinder weiß sind, sondern dass sich diese Kategorien von niemanden mehr angemessen erfassen lassen. Großartig geschrieben und darauf aus, die festgefahrenen Meinungen über race auf den Kopf zu stellen.” Thomas Chatterton Williams ist Journalist und ist 2011 nach Frankreich gezogen.

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Mitarbeiterinnen der WIENXTRA-Kinderinfo: BriG, NaTur, PF
Fotos (c) Brigitte Vogt und PF

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