Zuversicht – Alles wird gut

Manchmal, z. B. wenn ich meine Tochter vom Kindergarten abhole, spüre ich den ganzen Alltagsdruck, der auf mir lastet. Ich kümmere mich um die Kinder, gehe arbeiten, mache den Haushalt, vereinbare Arzttermine, denke an Geburtstagsfeiern, und noch vieles mehr. Und dann fühlt es sich schwer an, mit all den „To Dos“. Dann sehe ich so viele Menschen, die von einem Ort zum anderen hetzten. Ich gebe zu: in dieser Schwere könnte ich mich verlieren. Doch das will ich nicht! Ich möchte das Leben, meinen Alltag betrachten, wie es auch sein kann: nämlich ein lebendiges Abenteuer, welches aus unterschiedlichen Blickwinkel betrachtet werden kann: ich wünsche mir den Blickwinkel der Zuversicht: alles wird gut.

Wenn wir zuversichtlich sind, glauben wir daran, dass nach dem Unwetter Sonnenschein folgt. Im Idealfall erkennen wir sogar das Gute am Gewitter. Zuversicht ist daher ein starker Gefühlsmotor, sie trägt uns in Phasen von Unsicherheit, Angst oder Entmutigung.

Aber was ist Zuversicht eigentlich?

Es ist eine innere Haltung, gefüllt mit positiver Erwartung: Zwar fühlt es sich jetzt schwer an, doch es wird wieder bergauf gehen. Und zwar so sicher, wie die Sonne am nächsten Tag aufgehen wird. Es gibt Menschen, die grundsätzlich schon eine zuversichtliche Einstellung zum Leben haben. Manche bezeichnen das als Aufstehmanderln oder Optimistin. Für diejenigen, die sich nicht wirklich dazu zählen gilt: es ist möglich, sich diese Einstellung ein Stück weit anzueignen.

Drei Aspekte von Zuversicht – Handlungsfähigkeit, Sinnhaftigkeit und das Verstehen

Wenn ihr euch eine optimistischer zuversichtlichere Sicht auf die Welt aneignen möchtet, dann sind diese drei Aspekte besonders wichtig. Aber was genau ist damit gemeint?

(c) Brig

Handlungsfähigkeit

Manchmal haben wir das Gefühl, einer Situation ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Dann denken wir, dass wir nichts tun können, um uns aus eigener Kraft aus der ungewollten Situation herauszukommen. Dabei ist es erstmal zweitrangig, ob wir diese Bewegung in der tatsächlichen Realität erleben oder auf der Gefühlsebene. Wir können nach wie vor mitten in der Krise stehen UND gleichzeitig gefühlsmäßig schon einen Schritt weiter sein, also voller Zuversicht.

Wenn dich beispielsweise die immer wiederkehrenden Konflikte mit deinem Kind bezüglich „Hausaufgaben machen“ in die Verzweiflung treiben, halte kurz inne und schau dir die Situation von außen an: Wo kannst du ansetzen, um wieder deine Wirksamkeit zu spüren? Das kann z. B. Innerlich sein, indem du Erwartungen an dich und dein Kind überdenkst: “Muss ich mein Kind wirklich jetzt und auf diese Art dazu bringen, die Hausaufgaben zu machen?” Oder gibt es äußerliche Möglichkeiten, wo du ansetzten kannst: Z. B. Gespräche mit dem Kind: „Was brauchst du mein Kind, damit du die Hausaufgaben machen kannst?“.

Sinnhaftigkeit

Auch brauchen wir Menschen das Gefühl der Sinnhaftigkeit: Es liegt an uns, einen Sinn in einer auch noch so unangenehmen Zeit erkennen zu können. Oft ist ein aktives danach suchen erforderlich. Z. B. die Wutanfälle in der Autonomiephase, oft als Trotzphase bekannt: Sie kommen dir unnötig und nervenaufreibend vor. Oder du kommst nicht damit zurecht, dass dein Kind sich schreiend auf den Boden wirft, wenn du die Banane durchgeschnitten hast, anstatt sie ganz zu lassen. Informiere dich, rede mit Expert_innen. Mach dich auf die Suche nach dem Sinn dahinter: Kinder brauchen z. B. diese Umbruchphase, um ihren eigenen Willen, ihre Wirkungsweise und Autonomie zu erforschen und auszubilden. Was wäre ein Leben ohne eigenen Willen und ohne freudige Autonomie? So macht diese Phase Sinn und das hilft uns vielleicht, großzügiger und geduldiger damit umzugehen.

Verstehen

Hier knüpft dann das Verstehen an. Unser Verstand will verstehen, um sich orientieren zu können und sich halbwegs entspannen zu können. Wenn wir verstehen, warum ein Kind wegen einer zerschnittenen Banane einen Wutanfall bekommt, können wir besser damit umgehen. Einerseits können wir nun verstehen, dass es den eigenen Willen kennenlernt. Andererseits erfahren wir vielleicht auch, dass das Gehirn in diesem Altern noch gar nicht fähig ist, so schnell umzuschalten. Es hat sich vorgestellt, dass die Banane ganz bleibt und dann wird sie einfach zerschnitten – so war das aber nicht gedacht! Es kann das neue Bild noch nicht antizipieren, also ein Neues zulassen und muss seinen Frust darüber erstmal rauslassen. Wenn wir verstehen, dass auch ein Gehirnentwicklungsthema dahinter steckt können wir vielleicht noch ein Stück mehr entspannen und darauf vertrauen, dass diese Phase vorbeigehen wird.

Die Fähigkeit zur Zuversicht hat auch mit der Kindheits-Erfahrungen zu tun

In welcher Atmosphäre bist du aufgewachsen – optimistisch und zuversichtlich oder pessimistisch und ängstlich? Es kann sein, dass wir diese Atmosphäre immer noch in uns tragen. „Das wird nichts.“, „Lass das lieber, du tust dir nur weh.“, „Das schaffst du nicht, dazu bist du zu klein/ unkonzentriert/ ungeschickt/ dumm…“. Dabei müssen diese Sätze gar nicht mal laut ausgesprochen worden sein. Es reicht, wenn die Bezugspersonen diese Haltung dem Kind gegenüber in sich trugen. Das Kind spürt die Vorbehalte. Durch Blicke, Körperhaltungen und Umschreibungen saugt das Kind sie auf und macht es zur eigenen inneren Wahrheit und Empfindung. So muss beispielsweise die Mutter gar nicht erst sagen: „Ich bin enttäuscht, dass du keine gute Note bekommen hast. Es reicht, wenn sich die Mundwinkel der Mutter nach unten ziehen und sie das Kind in diesem Moment nicht anschaut.

Wenn das bei dir so gewesen sein sollte, dann frag dich, ob es wirklich wahr ist, dass du zu klein/ unkonzentriert/ ungeschickt/ dumm… bist. Hinterfrage es ernsthaft, mit all deinem Wissen, das dir als Erwachsene_r zur Verfügung steht. Vielleicht nimmst du dann Kompetenzen wahr und kannst Ermutigung und Zuversicht ein Stück weiter zulassen.

Was noch fehlt, um unser Leben in einem optimistischeren Licht zu betrachten

Wer es also schafft, sich diese drei Aspekte von Handlungsfähigkeit, Sinnhaftigkeit und Verstehen anzueignen, sich darüber hinaus auch noch mit seiner Kindheit ein Stück weit beschäftigt, hat schon mal eine gute Basis für Zuversicht. Wer dann auch noch das Gute an einer Situation erkennt, auch wenn es erst im Nachhinein ist, kann sich ein glückliches Leben erschaffen – mit allen Höhen und Tiefen.

Dazu ein Beispiel: Wenn du dich für einen Kindergarten entschieden hast, der deiner Ansicht nach perfekt ist und dann eine Absage kommt, fühlt sich das erstmal sehr unangenehm an. Doch Monate später stellst du plötzlich fest, dass der „2. Wahl – Kindergarten“, der vielleicht keinen Garten hat, ein Geschenk für dein Kind ist: Es wird dort von liebevollen Pädagog_innen betreut und du und dein Kind habt neue Freundschaften geschlossen. Mach dir deshalb immer wieder bewusst, dass aus etwas Unangenehmen, etwas Gutes entstehen kann.

„Das einzig Konstante im Leben ist die Veränderung“ (Heraklit)

Viele Menschen werden durch diesen Satz sehr verunsichert, denn wir lieben Vertrautes: es könnte ja (noch) schlimmer kommen. Lassen wir mal einen anderen Blickwinkel zu: Alles ist in Veränderung, es geht gar nicht anders: Allein schon das Vergehen von Zeit ist Veränderung und wir sind einfach nicht in der Lage, sie festzuhalten.

So ist es auch in schmerzhaften Zeiten: Auch hier geschieht Veränderung, nichts bleibt für immer, alles ist eine Phase. Diese Erfahrung machen vor allem Eltern mit ihren Kindern: schlechte Nächte, Stillen, Trocken werden, Entwicklungsschübe, …
Was wir jedoch zusätzlich zum Wissen von Veränderung brauchen ist die Sicht auf unseren Beitrag. Das ist unsere Verantwortung. Frage dich daher: „Was kann ich dazu beitragen, dass sich die Dinge ins Positive wandeln?“

  • Kann ich mir Hilfe holen?
  • Ist es mir möglich eine andere Entscheidung zu treffen?
  • Kann ich das Positive an der Situation jetzt schon erkennen?
  • Wie oder in welche Richtungen kann ich meinen Blickwinkel verändern?

Wenn es im Moment zum Beispiel jedes Mal zum Einkaufs-Drama kommt, wenn ich mit meinem Kind einkaufen gehe, weil es im Geschäft alles angreift und aus dem Regal zieht: Was kann ich tun?

  • Kann ich mein Kind so lange bei der Nachbarin lassen?
  • Ist es möglich, dass ich allein einkaufen gehe?
  • Vielleicht kann mein_e Partner_in einkaufen gehen oder vielleicht erleben sie den Einkauf mit Kind auch anders
  • Kann ich mit meinem Kind in Ruhe die Situation besprechen, damit es ruhiger im Einkaufswagen bleibt?
  • Oder kann ich meinem Kind vor dem Einkaufs-Start ein Kornspitz in die Hand geben, damit es beschäftigt ist?
    Sei kreativ: dir und deinem Kind wird etwas einfallen, damit mehr Ruhe in die Situation kommen kann. Wenn die Antwort nicht gleich da ist, warte ab – sie wird kommen!

Was du außerdem noch tun kannst:

  • Sei mit Menschen, die dir guttun.
  • Beschäftige dich mit Dingen, die dir guttun.
  • Entscheide dich dafür, auch an das „Gute“ zu glauben und richte dich immer wieder darauf aus: Male dir eine Sonne auf deinen Spiegel und spüre jedes Mal, wenn du sie siehst, wie dich ihre Wärme einhüllt.
    Zuversicht ist mehr als ein Geschenk in krisenhaften Zeiten – lade sie ganz bewusst in dein Leben ein und schenke ihr dort viel Raum.

Gastbeitrag von Eva Penz, Familienberaterin und Sozialarbeiterin in einer Mutter – Kind Einrichtung, hat selbst zwei Kinder.
Fotos (c) Valerie, EP

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.