Achtsamkeitsübungen und Selbstfürsorge

Wenn ich das schreibe, hab ich gleich die aufgebrachte Stimme einer Freundin im Ohr, dass sie es schon nicht mehr hören kann, dieses “Achtsamkeit und Selbstfürsorge”, und ich kann es nachvollziehen. Hab mich ja auch schon auf Weihnachtsmärkte und Punschstände, aufs Draußen sein, ein bisschen Trubel und das gemeinsame Feiern gefreut. Und jetzt soll es wieder ein paar ruhige Wochen geben… Aber da Jammern nichts hilft, ist es vermutlich sinnvoll, das Beste aus den Gegebenheiten zu machen. Und Selbstfürsorge ist dabei schon ziemlich nahe am Besten dran. Was man braucht oder was genau dieses Beste ist, wie man sich gut versorgen kann, das ist natürlich ganz unterschiedlich, nicht nur von Mensch zu Mensch, sondern auch von Situation zu Situation. Gutes Essen, frische Luft und Bewegung in der Natur, ausreichend Schlaf und vieles mehr. Hier stelle ich dir ein paar Achtsamkeitsübungen vor, die mir im Homeoffice gut tun und ein bisschen Bewegung hineinbringen.

Bewegte Achtsamkeitsübungen

Klar, sich hinzusetzten und den Atem, die Gedanken oder auch die Gefühle zu beobachten sind eine herrliche Achtsamkeitsübungen. Ich liebe sie wirklich! Doch manchmal ist ruhig sitzen alles andere als einfach. Gerade wenn wir unruhig sind, sich alles mögliche um uns herum verändert oder unsicher ist, dann kann es einfacher sein, übers sich Bewegen ruhig zu werden. Klassiker der bewegten Entspannung sind Yoga, Tai Chi oder Chi Gong. Bei den folgenden Achtsamkeitsübungen stehen einfache Bewegungen im Vordergrund. Dabei geht es nicht um Gelenkigkeit oder Sportlichen Ehrgeiz, sondern darum, die Bewegungen möglichst aufmerksam durchzuführen, behutsam, ruhig und dabei den eigenen Körper mit seinen individuellen Bedürfnissen und Begrenzungen wahrzunehmen. Sich so zu bewegen kann im Nachhinein der Wirkung einer Massage erstaunlich nahe kommen.

Seegras-Übung

Ich schwimme wahnsinnig gerne und habe jahrelang bei Prüfungsstress die Kapitän Nemo Entspannungsgeschichten vorgelesen. Kein Wunder also, dass mir diese Seegras-Übung gefällt. Dabei geht es darum, sich ein Seegras vorzustellen, dass unter Wasser wächst, sicher verwurzelt am Grund. Das Seegras streckt sich sanft, wird vom Wasser bewegt, von den Strömungen mal hierhin mal dorthin. Dabei sind es keine abrupten Bewegungen sondern sanfte, fließende, fast wie in Zeitlupe vorstellbar. Diese sanften Bewegungen gilt es nun nachzuvollziehen. Versucht ganz darin einzutauchen und euch ein paar Minuten diesen genüsslichen Bewegungen hinzugeben. Das ist nicht nur eine gute Sache für den Rücken sondern schafft allgemein ein Gefühl der Leichtigkeit.

So geht die Seegras-Übung

  • Dazu stellt man sich hüftbreit hin, mit leicht gebeugten Knien und gut geerdeten Füßen. Ich persönlich mag es am liebsten barfuß.
  • Wer Lust hat kann sanft die Augen schließen um so noch intensiver in den Körper hinein zu fühlen.
  • Zuerst wendet man sich dem eigenen Körpergefühl zu, spürt nach, wie es einem geht, jetzt, heute, hier, wie man so steht. Und lässt dann langsam in der Vorstellung Gewicht, Spannung, Verspannungen in den Boden fließen.
  • Wer möchte kann sich dann vorstellen, selbst ein Seegras zu sein und vom Wasser sanft bewegt zu werden. Die Wellen bewegen einem hin und her: zuerst erfasst es die Arme. Vielleicht habt ihr Lust eure Arme dabei lang nach oben zu strecken und sie sanft fließend hin und her zu bewegen. Dann setzt sich die Bewegung über den ganzen Oberkörper fort und ergreift dann auch die Hüften und Beine. Alles bewegt sich sanft fließend, wie ein Seegras im Wasser. Lasst den Körper dabei leicht und durchlässig werden.
  • Spürt nach, welche Bewegungen gut tun und nehmt euch so viel Zeit, wie ihr möchtet.
  • Achtet darauf, am Ende der Übung noch einmal den ganzen Körper wahrzunehmen und die Übung behutsam zu beenden.
    Diese Übung habe ich erstmals im GU-Buch “Achtsamkeit. Die besten Übungen und Meditationen für mehr Gelassenheit und Lebensfreude” kennengelernt, das viele Übungen vereint und einen guten Einblick in Achtsamkeit bietet.

Das Atemsegel

Diese Übung habe ich in abgeänderter Form bei der Lungen-Reha kennengelernt. Sie dehnt die Brustmuskulatur, weitet den Brustkorb und wirkt dadurch entspannend. Man kann sie entweder im Liegen oder im Stehen machen.

So geht die Übung im Stehen:

  • Hier stellt ihr euch an eine Wand. Achtet darauf, dass ihr genug Platz habt, um euch mit ausgestreckten Armen hinzustellen.
  • Stellt euch dann seitlich an die Wand. Dabei sollten die Füße parallel zueinander stehen und die Arme auf Schulterhöhe ausgestreckt aufeinanderliegen. Die Handflächen berühren sich dabei.
  • Bewegt mit dem Einatmen den obenliegenden Arm auf die andere Seite, so als würde sich ein Segel oder eine Buchseite öffnen.
  • Begleitet die Bewegung mit eurer Wahrnehmung, achtet darauf, euch nicht zu viel zuzumuten und in einer angenehmen Dehnung bzw. Öffnung zu bleiben. Legt besonderes Augenmerk auf die Wahrnehmung eurer Lenden, des Brustraums und der Arme.
  • Ihr könnt entweder in der Dehnung bleiben und die Dehnung genießen oder ihr bewegt euch im Rythmus eures Ein-und Ausatmens. Wenn ihr letzteres möchtet, dann bewegt ihr mit dem Ausatmen den Arm wieder in die Ausgangsposition zurück in der sich die Handflächen berühren.
  • Wechselt die Seiten ab und genießt die Weite und Ruhe, die dadurch entstehen kann.

Wenn ihr die Übung lieber im Liegen machen möchtet, findet ihr hier eine Anleitung im GU Buch Achtsame Yogaübungen. Nehmt euch einfach einmal die Übungen auf, indem ihr sie laut vorlest, dann habt ihr die Anleitung parat ohne nachlesen zu müssen und könnt euch ganz der Bewegung hingeben.

Achtsame Körperübungen

Wer sich etwas mehr Zeit gönnen möchte, kann achtsame Körperübungen machen. Da sie häufig als Teil des MBSR-Programms sind, findet man Anleitungen auch Online. Die achtsamen Körperübungen sind Yoga-Übungen, bei denen der Schwerpunkt auf dem eigenen Erleben liegt. Welche Bewegungen tun mir gut? Wie fühlt es sich heute an? Wie gehe ich mit meinen Grenzen um? Mitfühlend, verständnisvoll oder treibe ich mich weiter? Überfordere ich mich oder hab ich vielleicht eher die Tendenz, mich zu unterfordern. Im Zentrum für Achtsamkeit beischreibt es so: “Sie üben eine sanfte und respektvolle Haltung Ihrem Körper und Ihren eigenen Empfindungen gegenüber, dadurch lernen Sie, achtsamer und freundlicher mit sich selbst umzugehen.”

Angeleitete Meditationen findet ihr beim Zentrum von Achtsamkeit:
Längere Anleitungen findet ihr bei

Noch mehr Achtsamkeitsübungen

Folgende Themen könnt ihr hier im Blog nachlesen:

Wenn ihr noch tiefer in Achtsamkeit eintauchen möchtet, dann schaut euch doch dieses Interview mit John Kabat-Zinn an, der Mindfulness-Badest-Stress-Reduction etablierte.

BriG
Fotos (c) Brigitte Vogt

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