Ich schätze mich glücklich, dass ich als Kind unbeobachtet und frei spielen konnte. Ich kann mich daran erinnern, wie wir Kinder unsere Spiele bis auf die Straßen vor unseren Wohnhäusern ausgeweitet haben. Der Schulweg als Abenteuer. Alles und jede_r wurde in die eigene Geschichte mit einbezogen. Kinder spielen überall. So kann schon der Weg irgendwohin ein Angebot zum Spielen bieten. Niedrige Mauern zum Balancieren, Zäune, an denen man Geräusche machen kann. Boller oder Fahrradständer zum Drüberspringen oder Erklimmen. Die Struktur des Bodens wird zur Aufgabe – kein Schritt darf über die Begrenzung der einzelnen Steine hinausgehen und vieles anderes mehr.
Die Stadt gehört allen. Nur ist für Kinder im öffentlichen Raum wenig Platz vorgesehen und auf den vorhandenen Flächen gelten oft Verbote. Der motorisierte Verkehr nimmt einen großen Teil des öffentlichen Raumes ein. Und dieser stellt gerade für Fußgänger_innen und insbesondere Kinder wohl die größte Gefahr dar. Die Spielstraßen oder verkehrsberuhigten “coolen Straßen” im Sommer zeigen jedoch, wie schnell sich Kinder den Raum aneignen, sobald er ihnen zur Verfügung steht.
Durchs Spielen lernen
Kinder erobern sich ihren Lebensraum durchs Spielen. So lernen sie, so verstehen sie, so eignen sie sich ihre Umwelt an. Gerade im freien Spiel, das sich besonders abseits von Spielplätzen und unbeobachtet entfalten kann, entwickelt sich Fantasie, Kreativität und Selbstaneignung.
Die Stadt Wien hat ein Forschungsprojekt durchgeführt, in dem das Spielen von Kindern auf Straßen und Plätzen in Wien beschrieben wird. Das Ziel dieses Forschungsprojektes war es, Kindern mehr Raum zu geben. So können nun schon in der Stadtplanung Kinder berücksichtigt werden.
Vor Kurzem habe ich zum Beispiel bei einer Baustelle ein Fenster entdeckt. Auf Kinderhöhe angebracht ermöglicht es einen Blick auf das Innere der Baustelle und lädt zum kurzen oder längeren Verweilen und Beobachten ein. Das fand ich eine richtig schöne Idee und so einfach umzusetzen! Es gibt einige Beispiele für derlei Angebote. Wasserspiele, Stufen, bemalte Wände und Gehwege, die Kinder als Teilhabende eines öffentlichen Lebens anerkennen und gezielt ansprechen und involvieren. In der Spielfibel findet ihr Beispiele für Spiel-und Bewegungsangebote im öffentlichen Raum.
Der Weg als Ziel
Im Alltag legen Kinder viele Wege im öffentlichen Raum zurück. Unterwegs von A nach B lernen Kinder ihre Umgebung kennen und gestalten ihren ganz persönlichen Weg. So kann auch der Weg selbst zum Ziel werden. Dabei geht es nicht darum, dass Kinder überall und immer spielen können müssen – aber Kindern steht der öffentliche Raum genauso zu wie Erwachsenen. Die Freiheit des Kinderspiels liegt doch gerade auch in der freien Wahl des Spielortes. Außerdem ist die Sichtbarkeit von spielenden Kindern wichtig, um die Raumverteilung zu thematisieren.
Wie könnt ihr eure Kinder dabei unterstützen?
Viel zu Fuß gehen
Wenn es sich in euren Familienalltag einbauen lässt, verzichtet doch immer wieder auf’s Auto oder auch auf’s Fahrrad und geht gemeinsam zu Fuß. Als Elternteil ist es sehr spannend, den Kinder dabei zuzuschauen, wie sie die Stadt begehen und bespielen.
Zeit lassen!
Schon klar, nicht jeder Weg, den ihr mit euren Kindern zurück legt, kann ewig dauern. Manchmal oder öfters, muss es einfach schnell gehen. Vielleicht ist es aber auch ab und an möglich, dass ihr euch Zeit lassen könnt. Zum Beispiel am Weg zum Spielplatz könnte es egal sein, ob man 30 Minuten früher oder später ankommt.
Gemeinsam spielen!
Nicht jedes Spiel mögen wir als Erwachsene auch mitspielen. Aber Klassiker wie „Nicht, in die Lava steigen“, „Ein Hut, ein Stock, ein …. ” oder mit Hopser- oder Mäuseschritten gehen, können auch uns Erwachsenen immer wieder Spaß machen.
Selbst aktiv werden!
Eure Straße würde sich hervorragend als Spielstraße eignen? Dann findet ihr hier Tipps und Infos dazu.
Im Kinderinfo-Blog findet ihr viele Spiele-Ideen für Zuhause und Unterwegs 🙂
JR und Reg
Fotos: Bubu Dujmic, Heidrun henke, Miguel Dieterich
3 comments on “Kinder spielen überall”