In Wien sind viele Menschen ehrenamtlich aktiv. Ich finde es bemerkenswert, dass sie neben Familie, Job und Alltag noch Zeit finden, sich für andere einzusetzen. Manche verschönern die Stadt und pflanzen Blumen oder kümmern sich um Bäume. Andere engagieren sich in der Nachbarschaft, organisieren gemeinsame Unternehmungen und helfen damit, die oft beschriebene Anonymität in der Großstadt zu überwinden. Wiederum andere setzen sich für Umwelt- und Klimaschutz ein oder unterstützen nachhaltige Initiativen und retten Lebensmittel. Eltern sind oft in Elternvereinen im Kindergarten und in der Schule aktiv, trainieren eine Kindermannschaft oder initiieren Spielgruppen.
Wieviel Zeit man investieren kann und mag, ist ganz unterschiedlich. Im Laufe des Lebens verändert sich das mögliche Zeitbudget auch andauernd. Es gibt Phasen, in denen mehr möglich ist, in anderen wieder weniger: ein neuer Job, der Wechsel von Teil- auf Vollzeit oder höherer Unterstützungsbedarf bei den Kindern und schon bleibt weniger Zeit fürs Ehrenamt.
In diesem Beitrag stellen wir euch Eltern vor, die ehrenamtlich aktiv sind und sich für interessante und spannende Projekte engagieren.
Baumhilfe – Achtsamkeit für Straßenbäume
Gründerin Edith Schindler-Seiß, berufstätig und Mutter von zwei Kindern.
Worum geht es bei Ihrem Projekt?
Kurz gesagt geht es um einen bewussten Umgang mit unseren Stadtbäumen, damit diese länger am Leben bleiben. Stadtbäume verbessern die Luft, bieten Schatten und tragen einen wesentlichen Teil zur Vermeidung von Hitzeinseln bei. Damit erhöhen sie unsere Lebensqualität maßgeblich. Bei meiner Inititative ist mir wichtig, immer mehr Menschen für die Bedürfnisse der Stadtbäume zu sensibilisieren. Also darüber aufzuklären, was jede_r einzelne dazu beitragen kann, dass unsere Stadtbäume länger leben.
Was kann jede_r einzelne tun?
Sie können z.B. während der Trockenperioden (Frühling und Sommer) die Straßenbäume in der Nachbarschaft in der Früh oder am Abend gießen. Das ganze Jahr hindurch nichts an Bäume anketten, damit ihre Rinde unversehrt bleibt. Hundebesitzer_innen können ihre Vierbeiner von Jungbäumen fernhalten, da deren Urin die zarte Rinde und den kleinen Wurzelballen schädigt.
Seit wann sind Sie ehrenamtlich aktiv? Wie können Sie das ehrenamtliche Engagement mit Familie und Beruf vereinbaren?
“Baumhilfe – Achtsamkeit für Straßenbäume” habe ich 2018 während meiner Bildungskarenz gegründet. Durch meine berufliche Tätigkeit in der Stadtteilarbeit wusste ich, dass viele innerstädtische Straßenbäume durch schlechte Umfeldbedingungen zu früh sterben. Ich wollte etwas für die Gesellschaft und für meine Kinder bzw. die nächste Generation tun. So wie wir heute von den Baumpflanzungen unserer Großeltern profitieren, möchte ich, dass unsere Kinder und Enkelkinder von unserem achtsamen Umgang mit den Stadtbäumen profitieren.
Die Anfangszeit war schon sehr zeitintensiv – Recherche, Vernetzung und intensive Öffentlichkeitsarbeit. Meine Kinder waren damals 12 und 15 Jahre alt. Mittlerweile beschränkt sich meine ehrenamtliche Tätigkeit aufgrund meines Jobwechsels darauf, die Bäume vor unserem Haus bei Bedarf zu gießen und einzelne Gelegenheiten zu nutzen, bei denen ich mit möglichst wenig Aufwand viele Menschen auf das Thema aufmerksam zu machen. Außerdem gehören Straßenbäume nun zu meinem Berufsalltag und ich trage aktiv dazu bei, dass in Wiens Straßenräumen Platz für Bäume entsteht.
Wohin sollen sich Interessierte wenden, wenn sie mitmachen möchten?
Interessierte können mir einfach eine E-Mail an baumhilfe@gmx.at schreiben.
Von ihren Erfahrungen über’s Begrünen von Baumscheiben erzählt meine Kollegin hier.
Sorority.at – Verein zur branchenübergreifenden Vernetzung und Karriereförderung von Frauen* Österreich
sorority.at Sorority: Vernetzung und Karriereförderung
(c) sorority
Vorstandsmitglied Isabella Ettmayer, berufstätig und Mutter eines Kindes.
Worum geht es bei Sorority?
Die Sorority ist eine unabhängige Plattform zur branchenübergreifenden Vernetzung und Karriereförderung von Frauen und als Frauen gelesenen Personen in Österreich. Wir möchten all jenen Inspiration & Fundament bieten, die berufliches feministisch Denken und die Gleichstellung am Arbeitsmarkt vorantreiben wollen. Wir schaffen analoge und digitale Räume, um uns gegenseitig zu stärken und zu unterstützen, Erfahrungen und Informationen rund um Berufs- und Arbeitsmarktthemen auszutauschen und von einander zu lernen. Aus diesem Grund organisieren wir Monatsversammlungen zum informellen Austausch, Workshops zur Weiterbildung oder Diskussionsveranstaltungen.
Seit wann bist du ehrenamtlich aktiv?
2017 und 2018 hab ich bei der Umsetzung der Sorority Sommerfeste mitgeholfen und bin seit Februar 2019 fixes Vorstandsmitglied.
Warum engagierst du dich ehrenamtlich?
Angefangen hab ich mit der ehrenamtlichen Arbeit, weil ich wütend war. Es heißt andauernd, dass Frauen und Männer eh die gleichen Chancen haben. Frau müsse sich halt nur mehr anstrengen, um das zu erreichen, was Männer ja so easy erreichen. Mit diesem diffusen Grummeln im Bauch bin ich durch meine Schwägerin auf die Sorority gestoßen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab mich endlich aufgehoben, verstanden und als Teil des Auf- und Umbruchs gefühlt.
Als ich dann schwanger wurde, haben sich für mich als Frau und dann eben auch als Mutter ganz neue Ungerechtigkeitswelten aufgetan. Mittlerweile engagier ich mich nicht nur mehr für mich als Frau, sondern auch für eine bessere Zukunft meiner Tochter.
Wie kannst du das ehrenamtliche Engagement mit Familie und Beruf vereinbaren?
Vereinbaren lässt sich das durch den Support von anderen Leuten: Bei Abendterminen übernimmt die Betreuung mein Freund und bei Tagesveranstaltungen springt unser Familiennetzwerk ein. Außerdem habe ich gelernt, dass langfristiges Vorplanen und Grenzen setzen essentiell sind. Seit ich ein Kind hab, bin ich viel klarer und radikaler, wie viel Zeit ich ehrenamtlich investieren will und kann. Sich der eigenen zeitlichen Ressourcen bewusst sein, hilft da sehr. Und natürlich offen kommunizieren, wenn mal etwas zu viel wird- und das ist es immer wieder mal.
Wohin sollen sich Interessierte wenden, wenn sie mitmachen möchten?
Auf unserer Homepage findet ihr die Infos zur Mitgliedschaft sowie alle Events und Termine.
Besuchsdienst
(c)(c) pixabay
Michi, berufstätig und Mutter eines Kindes.
Worum geht es bei Ihrem Projekt?
Die Personen, die ich besuche, haben aus verschiedenen Gründen wenig familiäre und soziale Kontakte, also wenig Menschen in ihrem Umfeld haben, mit denen sie sich austauschen können. Und das kompensiere ich ein wenig. Ich bin ein regelmäßiger Kontakt und telefonisch zu erreichen, wenn mal was dringend besprochen werden muss.
Seit wann bist du ehrenamtlich aktiv?
Ich bin seit über 10 Jahren ehrenamtlich aktiv und bin über ein Praktikum dazu gekommen.
Wie bringst du das in deinem Alltag unter?
Ich mache Besuchsdienste und besuche zwei Personen einmal im Monat. Dafür reserviere ich einen Tag im Monat. Bevor ich Mama geworden bin, besuchte ich vier Personen, aber das geht sich zeitlich nicht mehr aus, da ich zwischen den Besuchen mit meinen Klient_innen auch regelmäßig telefoniere und Ansprechperson bin und ich mir diese Zeit ebenfalls dafür nehmen möchte.
Ich plane die Besuche fix von Monat zu Monat ein und habe einen Tag gewählt, an dem mir sonst nichts dazwischen kommen sollte und meine Tochter in Betreuung ist. Telefonisch haben wir vereinbart, dass ich besser am Abend zu erreichen bin und am Wochenende lieber nicht und dass ich spätestens am nächsten Tag zurückrufe.
Meine Klient_innen kenne ich jetzt schon seit 10 Jahren und wir haben eine Beziehung aufgebaut, allein deswegen ist es schwierig, die ehrenamtliche Tätigkeit zu beenden, wenn man mal damit begonnen hat
Aktiv Kollektiv der Naturfreunde
(c) Aktiv Kollektiv der Naturfreunde Gemeinsam Natur erleben!
(c) Naturfreunde Wien
Vucko Schüchner, berufstätig und Vater von zwei Kindern
Wie heißt das Projekt/die Organisation/die Initiative für die du dich ehrenamtlich engagierst?
Aktiv Kollektiv der Naturfreunde
Seit wann bist du ehrenamtlich aktiv?
Ich habe mich seit meiner Jugend ehrenamtlich engagiert. Immer in unterschiedlichen Bereichen: Begonnen habe ich als Schüler_innenvertreter bis hin zur Unterstützung von Angeboten für geflüchtete Kinder in den Jahren 2015 und 2016. Vor ein paar Jahren habe ich dann eine Naturfreunde Gruppe mit dem Ziel gegründet, Menschen für gemeinsame Aktivitäten in der Natur zu begeistern.
Warum engagierst du dich ehrenamtlich?
Weil es wichtig ist, einen Beitrag für die Allgemeinheit zu leisten. Es ist so einfach zu sagen, es soll was passieren, machen muss man es aber auch. Es ist einfach notwendig, das “Wir” in den Mittelpunkt zu stellen und so einen Beitrag für eine gelungenes Miteinander zu leisten. Und weil es Spaß macht.
Wie bringst du das in deinem Alltag unter?
Als die Kinder noch klein waren, war das Zeitmanagement immer eine Herausforderung und die Abende mussten „herhalten“. Die beiden sind nun fast schon erwachsen, und da eröffnen sich neue Freiräume. Schön ist, dass mein Sohn neben seiner Tätigkeit bei den roten Falken inzwischen auch in der Naturfreundegruppe aktiv ist und Wanderungen und Klettersteige führt.
Ehrenamt für Eltern
Sich ehrenamtlich zu engagieren ist etwas Tolles und bringt einem auch persönlich etwas. Man erweitert den eigenen Horizont, lernt neue Menschen kennen und gewinnt vielleicht sogar Freund_innen. Aber das Beste ist wohl, dass man etwas Sinnvolles macht, sich dort einbringen kann wo unsere Interessen und Werte liegen und dabei Neues kennenlernt.
Wer nun Lust bekommen hat, sich selbst ehrenamtlich zu engagieren, findet auf der Kinderinfo-Liste: Ehrenamtlich und freiwillig aktiv ganz unterschiedliche Möglichkeiten. Ob Elternvertreter_in, aktiv bei der Kidical Mass oder im Gartenhofverein, warum Eltern dies machen erfahrt ihr hier. In der Natur sein und dabei etwas für Bildung tun könnt ihr auch als Familie beim WeltTellerFeld. Oder ihr nehmt ein Gastkind auf und die weite Welt kommt zu euch nach Hause.
Vielleicht wollt ich auch eure Projekte, die für Eltern, Kinder und Familien interessant sind, in den Kommentaren vorstellen. Wir freuen uns darüber!
reg
Titelfoto (cc) pixabay
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