Einmal mit der Freundin übers Wochenende die Oma besuchen oder Klassenfahrten, Projekttage – irgendwann ist es soweit, das Kind möchte allein wegfahren. Manchmal kommt das auch recht plötzlich. Als unsere Große vier war, haben wir im Oktober mit Freund_innen eine Wanderung unternommen und nachher auf deren Baustelle vorbeigeschaut. In der Garage war ein Notbett eingerichtet. Genau dort wollte meine Tochter ihre erste Nacht auswärts ohne Eltern verbringen. Nicht unbedingt ideal: In der Garage versprach es, ziemlich kalt zu werden und aus schnell abholen, falls sie es sich anders überlegt, würde auch es nichts werden, da wir eine Stunde entfernt wohnten. Der Versuch lief aber so gut, dass damit das auswärts schlafen zum Dauerbrenner wurde. Wir unterstützten, indem immer wieder ermöglichten, dass auch ihre Freunde und Freundinnen eine Nacht oder ein Wochenende bei uns verbrachten. Dies hat uns Eltern einige freie Abende und kinderfreie Wochenendtripps beschert und den Kindern Freundschaften, die sie auch heute noch „wie Geschwister“ erleben.
Was hilft beim Auswärts schlafen
Mit folgenden Tipps in Bezug aufs auswärts schlafen haben wir gute Erfahrungen gemacht:
Vertrautheit hilft
Klar, ideal wäre es, wenn das erste Mal in einer vertrauten Umgebung stattfindet und so, dass ein schnelles Abholen möglich ist, falls es dem Kind doch nicht gefällt. Außerdem solltet ihr als Erwachsene ein gutes Gefühl dabei haben, damit ihr euer Kind gut loslassen könnt – zumindest für diese eine Nacht. Daher wählt jemanden, dem ihr vertraut und bei dem_der ihr ein gutes Gefühl habt. Euer Zutrauen hilft dem Kind, sich sicherer zu fühlen.
Das Kind darf mit entscheiden
Versucht besonders bei den ersten Malen, die Wünsche des Kindes zu berücksichtigen. Es gibt Kinder, die lieben eine Nacht bei Freund_innen, dem Onkel oder der Oma, andere lieben ihr vertrautes Bett. Sollte euer Kind zu den zögerlichen gehören, dann überfordert es nicht. Erklärt dem Kind, dass es manchmal wichtig ist, dies zu können, z. B. für Projektwochen in der Schule und regt es an, mit kleinen Übungseinheiten bei der vertrautesten Person, die ihnen einfällt, zu üben. Vielleicht ist es anfangs ja auch nur ein Mittagsschlaf oder Ruhen beim besten Freund.
Kleine Hilfsmittel
Überlegt gemeinsam, was hilfreich sein könnte: das Lieblingskuscheltier, Mamas getragenes T-Shirt mit ihrem vertrauten Geruch, die Zusage, das Kind jederzeit abzuholen oder auch magische Hilfsmittel. Wir haben ab und zu ein Pipetten-Fläschchen mit Wasser gefüllt, das wurde als „Mama-Papa-Sehnsuchts-Tropfen“ beschriftet. Dieses kleine Wundermittel in der Tasche vermittelte das Gefühl, bei einem Heimweh-Schub etwas tun zu können und dieses Gefühl der Selbstwirksamkeit ist wichtig und hilfreich. Ich kenne andere Familien, die dafür kleine bunte Zuckerl verwendeten und gute Erfolge hatten.
Mit Freund_innen ist es leichter
Gemeinsam mit Freund_innen lässt sich die erste Übernachtung ohne Eltern oder vertraute Bezugspersonen besser überstehen. Vielleicht ist es möglich, ab und zu eine_n Freund_in bei euch übernachten zu lassen und dann im Gegenzug auszuprobieren, wie es umgekehrt läuft. Bei Übernachtungspartys werden Kinder oft recht schnell zu Freund_innen. Manche Kinder mögen Körperkontakt zum Einschlafen. Dann ist es hilfreich, wenn die Übernachtungsfreundin oder -erwachsene damit umgehen kann und Kuscheln möglich ist.
Überfordert euch und eure Kinder nicht
Manchmal ist der Alltag fordernd genug: Kindergarteneinstieg, Wechsel der Kindergruppe, Umzug der Freundin, Schulbeginn, Trennung der Eltern oder Erkrankung der Großmutter. Im Leben gibt es manchmal recht fordernde Phasen, in denen es schon genug zu lernen und zu verdauen gibt. Auch Entwicklung geschieht häufig sprunghaft. Es kann sein, dass vor so einem Sprung mehr Nähe, Geborgenheit, Sicherheit benötig wird. Da ist dann der Zeitpunkt einfach noch nicht gekommen, sich zu lösen. Geht respektvoll mit den Bedürfnissen um, die ein Kind häufig nur ausleben aber noch nicht benennen kann. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dann geschieht vieles wie von selbst. Das Gras wächst ja auch nicht schneller, wenn man daran zieht. Vertraut darauf, dass euer Kind spürt, was es braucht und lasst es lernen, dass es gut ist, so wie es ist.
Wenn man abbrechen muss
Ein Kind auch mal abzuholen, obwohl auswärts schlafen ausgemacht war, kommt immer wieder vor. Wie wir darauf reagieren, zeigt dem Kind deutlich, was möglich ist und wie es mit Rückschlägen umgehen kann:
- Darf man scheitern? Darf man Unbehagen oder Angst spüren und äußern oder muss man Begonnenes durchziehen, koste es was es wolle?
- Wie wird auf geäußertes Unbehagen reagiert?
Sucht ihr gemeinsam nach Alternativen zum Abbruch? Was bräuchte das Kind jetzt, um bleiben zu können? Wurde nur das Kuscheltier vergessen, das man nachbringen kann? Oder hat es Angst, zuhause etwas zu versäumen?
Oder hattet ihr eh ein mulmiges Gefühl und habt nur auf den Anruf zum Abbruch gewartet? - Wie oft darf man scheitern? Darf etwas beim ersten, zweiten, dritten Versuch schief gehen? Wie oft darf man etwas versuchen? Wann gibt man auf? Wie viel Scheitern gehört zum Lernen dazu?
Was mich bei Kindern mit am meisten fasziniert, ist ihre Leichtigkeit im Umgang mit Rückschlägen. Sie versuchen zwanzig mal, irgendwo raufzuklettern, fallen runter, stehen auf und versuchen es erneut. Und ganz oft ist dabei keine Ungeduld, kein Ärger, kein Missfallen spürbar. Ich wünschte, ich könnte diese Geduld im Erschließen von Neuem auch öfter aufbringen!
Sicherheit durch Information
Eine ungefähre Vorstellung zu haben, was auf mich zukommt, hilft und gibt Sicherheit. Diese Sicherheit kann man unterstützen, indem man sich erkundigt und zum Nachfragen anregt:
- Wie läuft das zu Bett gehen bei euch ab? Welche Abendrituale habt ihr zu Hause? Wo würde ich schlafen, wenn ich eine Nacht bei euch verbringe?
- In Bezug auf Schulprojekt-Wochen kann man den Tagesablauf erfragen, vielleicht im Internet Bilder von der Unterkunft anschauen und sich erkundigen, wie die Zimmerauswahl sein wird. Zu wissen, dass man mit den besten drei Freundinnen gemeinsam im Zimmer ist, kann viel Angst nehmen. Auch Progammpunkte, wie z. B. dass man einen Bauernhof oder die Sommerrodelbahn besuchen wird, können Lust machen, sich auf diesen vielleicht schwierigen Schritt auch zu freuen.
Loslassen ist für viele Eltern das Thema dahinter. Und das Thema Loslassen kann man mit Kindern wirklich immer wieder üben. 😉
BriG
Fotos (c) Daniela Dimitrova, Pixabay
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