Als berufstätige und sehr junge Mutter hatte ich oft ein schlechtes Gewissen. Oft auch, weil meine Freizeit mit den Kindern begrenzt war. Arbeit, Haushalt, Ausbildung nahmen mich in Anspruch. Und zugegeben: Oft hatte ich einfach keine Lust mehr auch privat eine Kulturveranstaltung mit meinen Kindern zu organisieren oder zu besuchen. Immer im Vergleich mit ganz aktiven Familien kringelte ich mich vor lauter schlechtem Gewissen manchmal ziemlich ein und fürchtete, die Kreativität meiner Kinder zu wenig zu fördern.
Kinder anregen und fördern
Ich wollte meine Kinder immer fördern. Damit sie ihre Kreativität ausschöpfen können, neue Impulse bekommen, angeregt werden. Der Alltag stand mir da manchmal im Weg.
Und trotzdem: Wir haben Museen besucht, Theatervorstellungen genossen, freies Malen im Palais Liechtenstein – ach war das schön, damals! Und wir haben auch Bäche gestaut, Tierskelette gefunden und in fremden Häusern alte Brunnen in Innenhöfen gesucht.
Vielleicht nicht ganz so oft wie Andere, aber doch manchmal. Weil ich ja weiß: Kreativität gilt schon seit einigen Jahren als Schlüsselkompetenz der Zukunft. Kreative sind Problemlöser_innen, Erfinder_innen, Neudenker_innen, kreative Kinder auch! Und die Chance wollte ich meinen Kindern geben.
Kinder lernen anders
Unsere Kinder lernen ja vorwiegend selbsttätig, d.h. in der Auseinandersetzung mit ihrer realen Welt. Sie lernen aktiv handelnd und nicht vorwiegend kognitiv wie Erwachsene. Kinder müssen die Dinge anfassen, auseinandernehmen und sich langsam mit ihnen vertraut machen. Sie wollen selber erfahren, wie die Dinge funktionieren und dazu wollen häufig keine kontrollierenden Erwachsenen dabeihaben, die die Antworten schon vorwegnehmen.
Konsequent betrachtet erfordert die Entwicklung von Kreativität eine veränderte pädagogische Betrachtungsweise. Das kreative Kind denkt selbsttätig und neu. Es übernimmt nicht die Denkmuster der Erwachsenen und überträgt deren Erfahrungen und Wissen nicht einfach auf die eigene Lebenssituation. Es denkt selbst, es macht eigene Erfahrungen, es beschreitet manchmal lange und umständliche Wege und kommt zu eigenständigen Ergebnissen.
Wer kreativ ist, hat viele Ideen, findet bessere Lösungen, denkt auch mal quer. Kreativität hat nur bedingt mit Talent und Veranlagung zu tun. Ganz häufig stecken dahinter bestimmte Verhaltensweisen und Techniken, die die Schöpfungskraft zulassen und dadurch fördern. Und die sollten wir Eltern kennen.
Kreativität fördern, wenn schon der Alltag so viel Kraft kostet
Und wenn mein schlechtes Gewissen überhand nahm, da ich keine Power mehr hatte, den nächsten Museumsbesuch zu organisieren, tröstete ich mich mit Möglichkeiten und Angeboten, die ich dann doch gesetzt habe. Weil ja nicht immer ein gutgelaunter, aktiver Erwachsener dabei sein muss.
- Ich habe meine Kinder ermutigt, um die Ecke zu denken (oder ich habe wenigstens nicht gesagt: „das ist aber nicht logisch“)
- Spontanität und Originalität waren bei uns ganz wichtig (auch in Ermangelung der Fähigkeit Geplantes zu organisieren und aus Bequemlichkeit)
- Ungewöhnliche Lösungsvorschläge der Kinder habe ich ausprobiert
- Den Dingen auf den Grund zu gehen, war bei uns positiv bewertet (besser nachher das Chaos beseitigen, dafür aber Zeit für mich gewinnen!)
- Wir haben viel geredet und uns Dinge ausgemalt – ganz anders, als sie in Wirklichkeit sind (gab viel Zeit auf den Wegen zur Kinderbetreuung und zurück)
- Ich habe meine Kinder ermutigt, Neues auszuprobieren (weil das auch für mich spannend war)
- Meine Kinder benutzten Dinge gerne anders, ich fand das meistens sehr witzig und konnte das auch zeigen (selbst wenn ich dann was Zweckentfremdetes im Kinderzimmer suchen musste )
- Und ich habe Neugierde und das Mitteilungsbedürfnis meiner Kinder meist gewürdigt (auch wenn es manchmal sehr, sehr anstrengend war)
Neugier und Gestaltungsfreude zulassen
Und dabei habe ich bemerkt: Kulturprogramm für Kinder ist wichtig. Es gibt ja diese vielen wunderbaren Kurse und Museumsbesuche und Atelierworkshops. Aber Kreativität von Kindern wird gefördert durch ein kreatives Umfeld, das Neugierde und die enorme Gestaltungsfreude von Kindern anerkennt und unterstützt. Und das ist eine Haltung!
Wer kreativ ist, kann auch „um die Ecke denken“, neue Wege finden und fantasievoll mit anderen zusammenarbeiten und spielen. Es lohnt sich also, viel zur Förderung der Kreativität unserer Kinder zu tun. Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurer Erziehungsaufgabe und hoffe, dass in eurer Familie Kreativität einen hohen Stellenwert hat: Ist wichtig! Wir brauchen sie ganz dringend, die Problemlöser_innen, Erfinder_innen und Neudenker_innen!
Zusätzliche Anregungen gesucht?
Nicht nur Experimente oder ein Ausflug eröffnen neue Horizonte. Die Navajo haben mit ausgeklügelten Fadenfigurenspielen nicht nur Geschichten erzählt sondern wollten damit auch die Weisheit der Kinder schulen. Probiert Schreib- oder Theaterspiele aus, lasst die Farben tanzen oder trotzt mit Regenspielen dem Schlechtwetter.
Gastbeitrag von Sabine Krones, Leitung WIENXTRA-Kinderinfo
Fotos (c) Brigitte Vogt
Ich bin so dankbar auf diese Webseite gestoßen zu sein. Danke für diesen tollen Artikel.
Grüße Tilda
Das freut uns, liebe Tilda! Vielen Dank für dein Feedback und weiterhin viel Freude beim Lesen. Liebe Grüße vom Kinderinfo-Team